Er wurde bereits als „Solarpioneer“ bezeichnet. Mit Greenergetic, einer Whitelabel-Plattform für Photovoltaik-Anlagen, Batteriespeicher und weiteren Energiedienstleistungen, sorgte Mitgründer Michèl Dichter für ein rasantes Wachstum des 2012 gegründeten Bielefelder Start-ups. Durch die Kombination aus digitalem Geschäftsmodell und lokaler Dienstleistung machten die Bielefelder schnell von sich reden. Das pv-magazine zeichnete das Bielefelder Start-up sogar mit dem „top-business-model-Award“ aus. Nach dem Einstieg von Innogy, stieg Michèl Dichter dann bei Greenergetic aus und arbeitet seit 2017 als CEO der Redtree GmbH, einer der führenden Anbieter für digitale Lösungen in der Energiewirtschaft.
Wie ist der Stand heute?
Greenergetic wurde komplett von der innogy übernommen und die innogy zwischenzeitlich von der e-On.
Seid ihr Gründer noch im Kontakt?
Wir sind noch in Kontakt, mit dem einen enger, mit dem anderen weniger eng. Florian Meyer-Delpho und ich werden sicher langfristig in diversen Projekten und auch auf unternehmerischer Ebene zusammenarbeiten – bestimmt auch noch einmal als Gründer.
Wenn wir auf Greenergetic zurückblicken. Was war die größte Herausforderung – was der größte Fehler?
Die größten Herausforderungen kamen letztlich mit dem rasanten Wachstum – Mitarbeitergewinnung, Unternehmensfinanzierung und die Auswahl der richtigen Gesellschafter. Das alles hat einen massiven Einfluss darauf, ob und wie man seine Strategie – natürlich immer aus der eigenen Sicht – umsetzen kann. Bei den genannten Herausforderungen haben wir sicherlich auch Fehler gemacht. Man muss sich als Gründer sehr gut überlegen, wen man zu welchem Zeitpunkt „ins Boot holt“.
Und die beste Erfahrung?
Zu den besten Erfahrungen gehört sicherlich der Zusammenhalt zwischen uns Gründern, Belegschaft und Management. Geballte Energie, Lösungsorientierung und Zielstrebigkeit – davon war unsere Arbeit fast immer geprägt.
Euer Tipp für andere?
Bleibt lang genug am Steuer und steht hinter eurer Idee und euren Plänen. Sonst ziehen irgendwann zu viele Stakeholder am Unternehmenskern und der Strategie. Dadurch besteht die Gefahr, das Ziel aus den Augen zu verlieren. Und ganz wichtig: Sucht euch die besten Leute, die ihr finden könnt, ohne Kompromisse! Seid lieber flexibel bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen. Damit meine ich nicht Tisch und Stuhl, sondern Aspekte wie Zeit, Geld, Urlaub, Standort, oder Home-/Remote Office. Es ist aus meiner Sicht besser auf einen Top-Kandidaten zu setzen, der nur vier 4 Tage bei 40 Urlaubstagen von Island aus arbeiten möchte als auf weniger „Qualität“, aber dafür an 5 Tagen à 8 Stunden im Büro.
Mit Redtree, einer Mischung aus Werbeagentur und Technologie-Dienstleister für die digitale Energiewelt, geht es weiter, allerdings ins Castrop-Rauxel? Worum geht es und warum der Standortwechsel?
Ich bleibe der Energiebranche und der Thematik „Digitalisierung“ treu. Ich habe die Möglichkeit, ein über 20 Jahre altes Unternehmen neu aufzustellen. Es handelt sich im Grunde um ein Re-Start-up. Diese Aufgabe finde ich sehr spannend. Wir unterstützen dieselbe Kundengruppe wie seinerzeit bei Greenergetic, damit diese den Anforderungen der Digitalisierung in den Bereichen Vertrieb, Kundenservice und Kommunikation gerecht werden. Hierfür haben wir eine Software-as-a-Service Produktfamilie entwickelt, die für jeden relevanten Use Case bei Energieversorgern eine Lösung bereithält – modular und skalierbar.
Der Standortwechsel war für mich kein großes Problem. Ich freue mich immer über eine neue Umgebung und auch das Ruhrgebiet hat seinen ganz eigenen, besonderen Charme. Was die Menschen mit denen aus Bielefeld eint, ist übrigens die Herzlichkeit!