Hinter Algenium stehen Dr. Johann Meyer zu Bentrup, Dr. Dominik Cholewa und Dr. Viktor Klassen. Und sie stehen voll hinter ihrem Produkt: Mikroalgen made in Bielefeld. Die winzigen Pflänzchen sind aufgrund ihrer wertvollen Inhaltsstoffe ein Hoffnungsträger unter den nachwachsenden Rohstoffen. Und können einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zu einer Bioökonomie leisten.
Mikroalgen enthalten große Mengen an wertvollen Proteinen – mehr als Soja –, mehrfach ungesättigten Fettsäuren, natürlichen Carotinoiden, Vitaminen und vielem mehr. Dies macht sie für die Nahrungsmittelindustrie, für Kosmetik, Pharmazie, Chemie und die Bioenergiebranche so interessant. „Es ist ein sehr junges Marktsegment, dass das Potenzial hat, Geschichte zu schreiben“, berichtet Johann Meyer zu Bentrup. Bislang ist noch sehr viel Forschung nötig, um die Kultivierung so zu gestalten, dass es mengenmäßig zu effizienten Ergebnissen kommt. Dazu wurde eigens ein Labor auf dem Hof Meyer zu Bentrup im Osten Bielefelds eingerichtet. „Wir arbeiten in sehr kleinen, sukzessiven Schritten“, erklärt Dominik Cholewa. „Am Anfang steht die sorgfältige Analyse, um später die Skalierung von der Labor- in die Produktionsgröße zu vollziehen. Das heißt, dass bei gleichbleibend hoher Qualität die Produktionslinie erweitert werden kann.“ Denn nur, weil etwas in einem Reagenzglas gut funktioniert, bedeutet das nicht, dass dasselbe Ergebnis auch im Kubikmetermaßstab erzielt werden kann. Und auf dem Hof Meyer zu Bentrup ist alles da, was Mikroalgen zum Wachsen brauchen: CO2, Wärme, Wasser und Licht. Das Besondere an der Algenkultivierung made in Bielefeld ist, dass das umweltschädliche CO2 im Produktionsprozess zu reinem Sauerstoff umgewandelt wird. Damit ist die Algenzucht zugleich aktiver Klimaschutz.
Aktiver Klimaschutz
Anders als andere Mikroalgenhersteller – wie in Asien beispielsweise, wo das Thema Mikroalgen schon länger virulent ist – produziert Algenium in geschlossenen Systemen und erreicht dabei Reinheitsgrade, die in offenen Kultivierungen nicht möglich sind. Da kann eine hereingewehte Plastiktüte zum Beispiel ein ganzes Becken kontaminieren. „In Asien gibt es bereits viele große Farmen, in Europa sind es noch sehr wenige. Hier wird auf sehr hohem Niveau und mit ganz anderen Qualitätsansprüchen gearbeitet. Die Produktion hier durchzuführen ist eigentlich naheliegend, denn Mikroalgen können überall hergestellt werden und man kann die Transportwege um die halbe Welt, unserer Umwelt zuliebe, sparen“, berichtet Viktor Klassen. „Man muss sie zum Beispiel auch nicht aus dem Meer fischen, das ist ein enormer Vorteil. Wir haben hier, vor der Haustür, Mikroalgen, die reich an Vitamin E und anderen lebenswichtigen Stoffen sind“, ergänzt Dominik Cholewa. Als Beispiel nennt er Omega-3-Fettsäuren, die nicht vom Körper selbst hergestellt werden können, aber u. a. einen schützenden Effekt auf das Herz-Kreislauf-System haben können. „Fische sind reich an Omega-3-Fettsäuren, weil sie u. a. Algen fressen. Wenn man an die Zustände in den Fischfarmen und die Überfischung vieler Teile der Meere denkt, sind Mikroalgen eine sehr gute Option, den Fisch einfach außen vor zu lassen und die wichtigen Nährstoffe gleich von den Algen aufzunehmen.“
Algen können (fast) alles
Ordentlich investiert haben die Gründer in die Technik. Denn in einem neuen Markt gibt es naturgemäß die notwendige Technologie nicht von der Stange. Deshalb arbeitet Algenium mit zwei Unternehmen zusammen, die aus den bedarfsgerechten Konzeptionen der Gründer Prototypen der Gerätschaften fertigen. Das ist mitunter mühselig, „macht aber den Reiz des Start-ups aus“, freut sich Johann Meyer zu Bentrup. „Wir sind kein digitalgetriebenes Unternehmen, aber ohne Digitalisierung, ich denke da an Automatisierung und KI, könnten wir das hier nicht machen.“ „Wir brauchen die Steuerungssysteme, die es ermöglichen, den Algen beim Wachsen online zuzusehen“, betont Viktor Klassen. Im Moment konzentriert sich das 2018 gegründete Start-up, das bereits sechs Mitarbeitende beschäftigt, auf die Nahrungsmittel- und die Medizinbranche. Denn Mikroalgen können nicht nur als prall gefüllte Proteinlieferanten dienen, sondern mit dem wissenschaftlichen Know-how können Mikroalgen so kultiviert werden, dass sie auch zu einem wichtigen Lieferanten von Kohlenhydraten werden. „Wir möchten möglichst früh Produkte anbieten, die sich an Kundenanfragen orientieren, um passgenau zu produzieren“, erläutert Johann Meyer zu Bentrup die Sales-Strategie.
Es ist ein sehr junges Marktsegment, dass das Potenzial hat, Geschichte zu schreiben.
Dr. Johann Meyer zu Bentrup
Die Produktionsprozesse sollen gläsern sein. „Wir haben auch schon eine Idee für eine Art Suppenküche im Kopf“, lacht Dominik Cholewa. „Früher gab es das Maggie-Kochstudio, um den Menschen näherzubringen, was man mit dem seinerzeit völlig neuartigen Produkt machen konnte. Auch Dr. Oetker hat sein Backpulver auf diese Weise vermarktet. Man muss zeigen, was mit einem Produkt alles möglich ist. Mikroalgen könnten beispielsweise in Kuchen, Getränken, Toppings, Saucen, Pesto und vielem mehr zum Einsatz kommen.“ So könnte man Proteine, Vitamine und Co. zuführen, die der Körper auch – anders als bei manchen Nahrungsmittelergänzungsprodukten – tatsächlich gut aufnehmen und verwerten kann.
Algen als grüne Alleskönner. Man könnte sogar Bioplastik aus den kleinen Pflänzchen herstellen. „Mikroalgen sind faszinierend“, schwärmt Johann Meyer zu Bentrup. „Wir möchten früh Märkte entwickeln, in denen wir als Start-up unseren Platz finden. Für uns ist auch ganz klar, dass wir dieses Unternehmen zusammen entwickeln möchten und nicht nach ein paar Jahren meistbietend verkaufen wollen. Wir wollen uns aus uns selbst heraus entwickeln, ohne sofort viel Geld am Kapitalmarkt einzuwerben. Deshalb sagen wir auch voller Überzeugung: Das bleibt in Bielefeld.“