Deshalb stellt Rheingans das „Ich“ in den Fokus, weil gesunde und zufriedene Menschen bessere Arbeit leisten. „Wenn sich das aufgerichtete ,Ich’ wohlfühlt, dann funktionieren Teams und damit Unternehmen“, betont er und nimmt damit eine Gegenposition zu der These ein: „There is no I in teams.“
In einer sich rasant verändernden Welt, die u. a. von Globalisierung, Digitalisierung, Krieg, Pandemie, demographischem Wandel, Klimanotstand, Konnektivität und Individualisierung geprägt sei, ist der Mensch vielfach verunsichert. „Wir sind ständig ,on’“, sagt der Medienwissenschaftler. Leben und Arbeiten fließen ineinander über.“ Als Belastungsfaktoren, die 2018 – also vor der Pandemie erhoben wurden – nennt er: ständiger Termindruck, emotionaler Stress, Überstunden, schlechtes Arbeitsklima und zu wenige Pausen. Diese Faktoren wirkten sich auf die zunehmende Anzahl von Krankheitstagen aus. Immer mehr Menschen erkranken an Burn-out.
Das VUCA-Konzept (steht für volatil, unsicher, komplex und ambivalent) war lange Zeit ein probates Erklärungsmodell, allerdings beschreibe es seiner Meinung nach das Chaos der heutigen Zeit nur unzureichend. Geeigneter sei das BANI-Modell (steht für brüchig, ängstlich, nicht-linear und unbegreiflich), denn es kennzeichne nicht nur die Herausforderungen der aktuellen Situation, sondern auch die anhaltenden Folgen daraus.
„Menschen wollen einen top Job machen“, unterstreicht Lasse Rheingans. „Niemand steht morgens auf und sagt sich: Heute mache ich meine Arbeit mal richtig schlecht. New Work ist Arbeit, die ein Mensch wirklich will. Deshalb müssen wir Arbeit anders denken.“ Die Organisation der Arbeit ist seinen Beobachtungen zufolge bei vielen Unternehmen noch immer viel zu prozesslastig. „Wir müssen agil sein, schneller lernen, um in dieser Welt auch gegebenenfalls den Kurs rasch ändern zu können.“
Jeder Mensch hat unterschiedliche Stärken. Darüber wird in Unternehmen aber nicht gesprochen. Und deshalb werden häufig die richtigen Mitarbeitenden am falschen Platz eingesetzt.
Kommunikation innerhalb des Unternehmens ist ein Schlüssel zu mehr Effizienz. „Jeder Mensch hat unterschiedliche Stärken. Darüber wird in Unternehmen aber nicht gesprochen. Und deshalb werden häufig die richtigen Mitarbeitenden am falschen Platz eingesetzt“, stellt der New-Work-Experte fest. Ferner empfiehlt er, dass Unternehmen die unterschiedlichen Lebensphasen der Mitarbeitenden berücksichtigen müssten und denkt dabei z. B. an junge Familien oder Mitarbeitende, die einen Elternteil pflegen.
„Jobbeschreibung, Gehalt, Perspektiven – all diese Dinge müssen besprechbar gemacht werden. Dazu gehört auch, dass die Führungskraft weiß, wie es den Mitarbeitenden geht. Wenn jemand morgens zu Hause Stress oder Streit hatte, nimmt er diesen mit zur Arbeit. Es sollte möglich sein, dies in einem geschützten Bereich äußern zu dürfen. Wenn wir uns sicher fühlen und zufrieden sind, dann sind wir auch leistungsfähig. Habe ich einen toxischen Chef, dann verunsichert mich das und lähmt meine Kreativität“, führt Lasse Rheingans weiter aus. Eine Möglichkeit, Transparenz zu schaffen, besteht darin, bei einem Meeting als Ritual die Frage nach dem persönlichen Befinden voranzustellen: Wie geht es dir heute? Wie stabil bist du? „Darauf wird nicht jeder ehrlich antworten, aber zumindest wird die Möglichkeit dafür geschaffen. Das hat eine Relevanz für das Leistungsverhalten“, ist der „Erfinder des 5-Stunden-Tages“ überzeugt.
Wenn wir uns sicher fühlen und zufrieden sind, dann sind wir auch leistungsfähig.
Wie könnte denn eine am Menschen ausgerichtete Unternehmenskultur aussehen? „Wir sollten davon ausgehen, dass Menschen Fehler machen und einen guten Umgang damit finden. Es geht darum, aufrichtig Klarheit zu schaffen und Dinge besprechbar zu machen – ,Was ist für dich wichtig?’ und ,Was brauchst du gerade?’ Das müssen Führungskräfte wissen und Leadership leben.“ Außerdem nennt Lasse Rheingans die Flexibilisierung von Arbeit (Ort, Zeit, Rolle, Aufgaben) als wichtigen Aspekt, an dem in Zukunft kein Unternehmen mehr vorbeikommt. Egal ob es um die 4-Tage-Woche oder um die Möglichkeit geht, im Homeoffice arbeiten zu können. Im Wettbewerb um Talente werden diese Faktoren mitentscheidend sein, denn sie bestimmen, wie attraktiv Arbeitgebende für Mitarbeitende oder auch für die Talente von morgen sind.
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