Torsten Bendlin: Das Wichtigste für uns ist eine Kultur des Lernens. Das heißt, wir wollen Mitarbeitende befähigen, sich weiter zu entwickeln. Dazu gehört auch, aus Fehlern zu lernen. Das ist unsere DNA und dafür stehe ich auch selbst. Der wertschätzende Umgang miteinander spiegelt schon unser Name und ist für uns intern wie extern Maßstab des Handelns. Gemeinsam sind wir mehr wert und können auch einen Mehrwert erzeugen und das wiederum heißt, auch mehr wert zu sein.
Carsten Janetzky: Aus meiner Sicht gibt es eine nach innen und eine nach außen gerichtete Unternehmenskultur. Der Umgang der Mitarbeitenden und ihre Selbstständigkeit sind die wichtigsten Merkmale unseres Arbeitens nach innen und damit auch prägend für unsere Unternehmenskultur. Nach außen sind wir dagegen „Robin Hood“, denn in unserer Branche sind wir ganz klar der Underdog. Die großen, alten Schlachtschiffe auf unserem Markt regen sich über uns junge Wilde auf. Diese Situation bestimmt ganz klar unsere nach außen gerichtete Unternehmenskultur. Das Kämpferische gehört zu uns, das finden auch alle Mitarbeitenden geil.
Torsten Bendlin: Wir sind vor einem Monat fünf Jahre alt geworden und gestalten mit unserer spezialisierten Software Kostenoptimierungen in Unternehmen effizienter und nachhaltiger, sodass Unternehmen ihr Potenzial ausschöpfen können. Ich kann mich noch genau daran erinnern als wir wenige Tage nach unserer Gründung zusammensaßen und darüber gesprochen haben, was uns drei Gründer in der Schnittmenge ausmacht. Wir sind drei Menschen unterschiedlichen Alters, meine beiden Mitgründer sind deutlich jünger als ich, trotzdem haben wir etwas gefunden, was uns drei verbindet. Inzwischen haben wir alle drei viel voneinander gelernt und mitgenommen. Doch ein wertschätzender Austausch einte uns von Anfang an: Wir wollten immer eine unpolitische Firmenkultur. Ohne Ressentiments aufeinander zuzugehen, ist dafür wesentlich. Das gemeinsame Arbeiten soll Spaß machen und nicht durch das politische Handeln einzelne/r Akteur*innen bestimmt sein.
Carsten Janetzky: Für uns sind zwei Punkte wesentlich: Zum einen ist es die Auswahl der Mitarbeitenden. Als Startup startet man quasi von null. Doch die Ressource Mensch hat den größten Einfluss auf das, was kommt. Unsere Mitarbeitenden sind unser Fundament. Allerdings: Je größer ein Unternehmen wird, desto geringer wird der Einfluss eines Einzelnen. Mit unseren jetzt 40 Leuten stecken wir da mittendrin. Der zweite Punkt: Es braucht ganz viel Zeit und Aperol (lacht). Ganz im Ernst, eine Unternehmenskultur entsteht nicht während der Kernarbeitszeit, wenn man um 13:50 Uhr zusammen im Meeting sitzt. Das ist lediglich das Ergebnis. Designt und geformt wird sie in bilateralen Gesprächen. Dann, wenn man nach der Arbeit zusammensitzt.
Carsten Janetzky: Wir stellen Rohdiamanten ein … das ist ein Glaubenssatz! Denn wir wollen etwas verändern und ein bestehendes System erschüttern. Wir setzen auf Menschen, die etwas verändern wollen, die alles hinterfragen und total flexibel sind. Denn uns interessiert, was unsere Mitarbeitenden in Zukunft bewegen und nicht, was sie an angelernten Fähigkeiten abarbeiten wollen. Also suchen wir immer Menschen, die sich selbst entdecken wollen, Bock haben, Verantwortung zu übernehmen, selbstständig und ganz flexibel zwischen den Ohren sind. Flexibilität und Selbstständigkeit hängen extrem krass zusammen. Statt auf ein starres hierarchisches System zu bauen, haben wir die Zahnarzt-Helden auf „Zelle“ umgestellt, wo es kein Abteilungsdenken gibt. Wir arbeiten durch die Zellstruktur in interdisziplinären Teams und gestalten Schnittstellen dadurch extrem einfach. Ohne Head-off-Struktur. Jede Zelle arbeitet auf Scrum-Basis. Als total vertriebs- und marketinglastiges Unternehmen, das seit 2017 im Dentalmarkt unterwegs ist, sich auf den Wettbewerb konzentriert und dies für seine Unternehmensstrategie nutzt, agieren wir nicht nur sehr kämpferisch, sondern sind auch ein emotionaler Laden!
Torsten Bendlin: Nur was von selber kommt, ist viel wert! Dinge, die aufs Miteinander einzahlen, stehen für eine positiv besetzte Firmenkultur. Das spiegelt sich in vielen Dingen: Wie ist die Beteiligungsquote bei freiwilligen Veranstaltungen? Wie proaktiv bringen sich Mitarbeitende ein? Ein weiterer Punkt ist für uns – neben dem Thema Kündigungen oder Fluktuation – das Verhältnis zu ehemaligen Kolleginnen und Kollegen. Wenn man zu ihnen noch ein intaktes Verhältnis hat, ist das ein gutes Zeichen.
Torsten Bendlin: Eine extrem hohe Rolle. Durch den oder die Unternehmensgründer werden die Weichen gestellt. Das beginnt schon mit der Auswahl und Einstellung der ersten Mitarbeitenden. Potenziellen Bewerber*innen kann man immer nur den Tipp geben: Schaut euch die Kolleginnen und Kollegen an. 80 Prozent unserer Mitarbeitenden kommen im weitesten Sinne aus dem Netzwerk OWLs. Die Firmenkultur ist ja auch nach außen sichtbar – zumal, wenn alle authentisch sind. Dann kann man auch für sich persönlich die Entscheidung treffen „In so einem Team möchte ich arbeiten!“
Carsten Janetzky: Genau! Durch unser Zellsystem leben wir davon. Ich habe mit dem operativen Geschäft nichts mehr zu tun. Wenn eine Unternehmenskultur nachhaltig über viele Jahre bestehen soll, muss sie von den Mitarbeitenden kommen. Sonst ist es so, als ob jemand ein Pflaster draufkleben würde.
Carsten Janetzky: Ich empfinde das Wort Führung als schwierig. Ich sehe mich eher als Coach, der dem Team dient. In bin zwar Inhaber und irgendwie auch ein charismatischer Mensch, an dem sich Leute orientieren, aber „Führung“ kommt aus unseren Teams selbst. Vielleicht klingt das ein wenig pathetisch, aber die Zahnarzt-Helden sind – aus Sicht eines Startups gedacht – keine drei Jahre mehr, sondern stecken mitten in der Pubertät. Als „Vater“ des Unternehmens habe ich eine natürliche Autorität und helfe, dass das Kind wächst und gebe die Infrastruktur vor. Außerdem hilft reden, reden, reden! Wir sind gerade im Exit-Prozess – jede/r Mitarbeitende fiebert mit. Und am Ende sind die Mitarbeitenden auch am Entscheidungsprozess beteiligt.
Torsten Bendlin: Die Firmenkultur ist kein Führungsinstrument. Vielmehr müssen die Führungsinstrumente adäquat zur Firmenkultur sein. Sie bildet die Basis und lässt sich nicht so einfach verändern, wenn jemand mit einer ganz anderen Führungsvorstellung das Ruder übernehmen würde. Der Führungsstil passt dann einfach nicht zum Team.
Torsten Bendlin: Vorbildfunktion, Vorbildfunktion, Vorbildfunktion! Man kann es nicht oft genug wiederholen! Wenn man etwas verändern möchte, dann muss man sich selbst auch verändern und entwickeln. Das ist für jeden von uns schwierig, aber wenn, dann muss man diese Veränderung und Entwicklung auch glaubhaft verkörpern. Das bedeutet auch, dass das Management den Willen zur Veränderung konsequent durchhalten muss.
Als Arbeitgeber muss man einen Raum schaffen, wo angstfrei kommuniziert werden kann. Vertrauen zu schaffen, ehrlich miteinander zu sprechen, ist wichtig. Ebenso wichtig, wie als Arbeitgeber genau hin- und zuzuhören, aber auch nachzufragen. Das macht eine gute Basis für den Erfolg einer Organisation aus. Gerade in kritischen Zeiten ist es besonders hilfreich, ehrlich zu kommunizieren und Schwierigkeiten und Schwächen zu benennen. Auch in dieser Hinsicht nimmt man eine Vorbildfunktion ein. Denn wenn ich nicht über meine Schwächen spreche, wie kann ich Mitarbeitende animieren, dies zu tun?
Carsten Janetzky: Zu der Frage fallen mir drei Dinge ein: Ich bin ein Riesenfan von „Workacion“. Daher fahren wir mit unserem Team immer mal wieder für drei bis fünf Tage ins Sauerland oder in die Niederlande, arbeiten an Strategien und spielen Billard. Das ist ein bisschen so wie eine Klassenfahrt. Damit holen wir auch die 10 bis 20 Prozent ab, die bei anderen Treffen nicht dabei sind. Außerdem haben wir jetzt nach der langen Homeoffice-Phase eine 50-prozentige Office-Pflicht eingeführt, denn die zwischenmenschlichen Begegnungen in der Kaffeeküche sind für die Unternehmenskultur wichtig. Und – auch wenn es etwas ausgelutscht klingt – es braucht auch die „Tischtennisplatte“. Man muss im Unternehmen eine Wohlfühlatmosphäre schaffen. Durch Corona müssen wir das erst wieder zurückholen und neu lernen.
*Heißt übersetzt so viel wie: Kultur isst Strategie zum Frühstück
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