„Aktuell haben wir 77 Teilnehmer in unserem Programm“, berichtet Boris Voß von der kommunalen Beschäftigungsförderungsgesellschaft des Kreises Lippe. „Die meisten sind Bauingenieur*innen, gefolgt von Agraringenieur*innen, Maschinenbauer*innen, Informatiker*innen und Elektroingenieur*innen. Unser Ziel ist es, dass die Teilnehmenden ihrer Qualifikation entsprechend in ihren Berufen arbeiten können.“ Eine Brücke in eine qualifizierte Beschäftigung zu bauen, das ist das Ziel. Die Beratung und Qualifizierung steht im Fokus, die Vermittlung ist dabei ein durchaus erwünschter „Nebeneffekt“. Über Betriebsbesichtigungen, gemeinsame Messebesuche und Personalbörsen kommen die Teilnehmenden des „High Potentials“-Projekts direkt in Kontakt zu Unternehmen.
Und das funktioniert richtig gut, wie das Beispiel von Zedan Khodeda Karit Kreet zeigt. Der 41-Jährige arbeitet nun schon seit einem Jahr bei moBiel, eine Tochtergesellschaft der Stadtwerke Bielefeld. Die Stadtwerke kooperieren bereits seit Beginn des Projekts in 2017 eng mit der Netzwerk Lippe gGmbH und haben u. a. eine „Internationale Personalbörse“ mitorganisiert und sich mit ihren Töchtern moBiel und BITel als potenzielle Arbeitgeber vorgestellt. Auf einer solchen Personalbörse, bei der auch diverse andere Unternehmen vertreten waren, lernte Zedan Kreet seine jetzige Chefin, Kristina Busch, kennen, die bei moBiel für die Verkehrsplanung zuständig ist. Bei der Personalbörse führte er insgesamt drei Vorstellungsgespräche und entschied sich letztlich für ein dreimonatiges Praktikum bei moBiel.
Der Bauingenieur (Hochbau und Infrastruktur) flüchtete 2016 mit seiner Familie aus dem Irak. „Im Irak habe ich schon mehr als zehn Jahre gearbeitet und ich wollte unbedingt zurück in meinen Beruf“, erinnert sich Zedan Kreet. Innerhalb von zehn Monaten lernte er konsequent Deutsch und ließ sich seinen irakischen Abschluss in Deutschland anerkennen. 2013 hat er nach seinem Ingenieursdiplom noch seinen Master of Business Administration gemacht und seine Masterarbeit im Bereich Projektmanagement verfasst. „Sprache ist das Wichtigste“, stellt er fest. Und obwohl er Deutsch fließend beherrscht, bleibt er am Ball. „Ich habe bei der Arbeit immer ein kleines Heft dabei, um mir neue Wörter zu notieren.“
Ich habe bei der Arbeit immer ein kleines Heft dabei, um mir neue Wörter zu notieren.
Zu dem Projekt „High Potentials“ hat sich der Bauingenieur gleich nach Beendigung seines Deutschkurses B2 angemeldet und dort eine eingehende Beratung erhalten. Dazu gehörten eine realistische Standortbestimmung sowie ein Erwartungsmanagement, Entwicklung individueller Bewerbungsstrategien und fachliche Vorbereitung bis hin zum Besuch der oben erwähnten Personalbörse.
Nach Ende seines Praktikums im November 2018 bot ihm moBiel eine Festanstellung zum 1.1.2019 an. In diesem einen Jahr hat der Bauingenieur bereits drei große Bauprojekte in der Abteilung „Grundsatz und Netzplanung“ mitbetreut. Dazu gehörte auch die umfangreiche Erneuerung der Abstellgleise für die Stadtbahnen auf dem Betriebshof in Sieker. „Im Bereich Gleisbau habe ich sehr viel dazu gelernt. Es ist learning by doing“, stellt Zedan Kreet fest. „Wir haben hier ein tolles Arbeitsklima. Meine Kolleginnen und Kollegen sind bei Fragen immer ansprechbar und unterstützen mich sehr gut. Es fühlt sich an, als würde ich hier schon zehn Jahre arbeiten.“
Die Netzwerk Lippe gGmbH arbeitet eng mit Partnern aus Wirtschaft, Politik und Bildung zusammen, u. a. mit dem Verein Deutscher Ingenieure e. V., regionalen Unternehmen, Kammern und Hochschulen. Das Förderprogramm „Integration durch Qualifikation (IQ)“ zielt auf die nachhaltige Verbesserung der Arbeitsmarktintegration von Erwachsenen mit Migrationshintergrund ab. Das Programm wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und den Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert. Partner in der Umsetzung sind das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Bundesagentur für Arbeit (BA).
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