Das Selbstverständnis von Personalabteilungen verändert sich, weg vom unternehmensinternen Dienstleister hin zum Change-Manager. Welche Herausforderungen und Chancen damit verknüpft sind, erklärt Christian Effenberger, Head of Human Resources bei GOLDBECK. Und rückt Themen wie Veränderungsprozesse, Mitarbeiterbindung, Talentgewinnung, Kompetenzentwicklung und KI in den Blick.
Wie ist das HR-Team bei Goldbeck aufgestellt?
Christian Effenberger: Durch mehr als 12.500 Mitarbeitende – wir kratzen inzwischen an der 13.000-Marke – ergeben sich auch im HR-Bereich für uns verschiedenste Aufgabenstellungen. Neben der Größe des HR-Teams – deutschlandweit arbeiten über 120 Mitarbeitende mit zusätzlichen internationalen HR-Kolleg*innen in den Ländern unserer europäischen Standorte – braucht es auch eine Strukturierung der Personalabteilung, um Aufgaben und Tätigkeitsbereiche sinnvoll voneinander abzugrenzen. Das klassische HR-Business-Partner-Modell, das eine ganze Personalergeneration prägte, diente uns als Basis. Wir arbeiten nun in einem Drei-Säulen-Modell mit verschiedenen Fachbereichen wie HR-Business Partnering, Centers of Expertise und HR-Services. Drei Head of HR steuern diese Bereiche, im Management Board werden wir durch eine Chief Human Resources Officer repräsentiert. Zwar befindet sich ein Großteil der Abteilung am Standort Bielefeld, aber wir haben zum Beispiel auch HR Business Partner*innen/Referent*innen für die Betreuung der Gesellschaften in Deutschland sowie Kolleg*innen an den europäischen Standorten.
Dienstleister oder doch schon Change Manager. Vor welchen Herausforderungen steht das HR-Management? Und wie begegnet Goldbeck diesen?
Christian Effenberger: Eine spannende Frage. Denn das HR-Management steht vor mehreren Herausforderungen, wenn es darum geht, sich vom traditionellen Dienstleister zum Change-Manager zu entwickeln. GOLDBECK begegnet diesen Herausforderungen durch eine Kombination aus innovativen HR-Prozessen und auch immer mehr datenbasierten Entscheidungen. HR muss mit Zahlen, Daten, Fakten dabei sein, um entsprechend auf Veränderungen reagieren zu können. Das bedeutet, über die Dienstleistungsebene hinaus auf Augenhöhe im Business zu agieren, das Unternehmen in der strategischen Steuerung und Veränderung zu begleiten und einen wertstiftenden Beitrag zum Geschäftserfolg zu leisten. Wir bleiben also Dienstleister, aber der Change Manager kommt hinzu. Das heißt, wir müssen Mitarbeitende befähigen und die besten Talente entwickeln und binden. Darum fokussieren wir uns besonders auf ein zielgerichtetes Talentmanagement und die Entwicklung unserer Führungskultur. Darüber hinaus ist auch der intensive Austausch mit HRler*innen anderer Unternehmen in Bielefeld sehr hilfreich.
Was heißt das genau für die Talentgewinnung und -bindung?
Christian Effenberger: In einem wettbewerbsintensiven Arbeitsmarkt muss HR-Strategien entwickeln, um die besten Talente anzuziehen und langfristig zu binden. Wir begegnen dieser Herausforderung zum Beispiel durch ein zielgerichtetes Employer Branding, die Erweiterung unseres Recruiting- und Talent-Pools sowie durch die Etablierung internationaler Talentprogramme. Wir möchten ein diverses und internationales Arbeitsumfeld fördern und haben Aktivitäten initiiert, um die Talentbindung- und Entwicklung zu voranzutreiben. In Zeiten des Fachkräftemangels ist zudem eine schnelle Reaktion auf die Anforderungen des Marktes wichtig. Diese setzten wir unter anderem mit einem eigenen Talent-Acquisition Team um, das für uns aktiv Talente am Arbeitsmarkt sucht.
Goldbeck setzt auf innovative HR-Prozesse und -Systeme …
Christian Effenberger: Ja, die Einführung neuer HR-Technologien ist entscheidend, um effizientere Prozesse zu ermöglichen. HR muss sich zunehmend auf Datenanalysen stützen, um fundierte Entscheidungen zu treffen. Wir haben hierfür mehrere Projekte gestartet, um eine bessere Datenbasis für geschäftsrelevante Auswertungen zu schaffen, Veränderungsprozesse zu begleiten und am Ende auch einen tatsächlichen Mehrwert für unsere internen Kunden, die Mitarbeitenden und Führungskräfte zu schaffen. Dies beinhaltet beispielsweise die Nutzung einer europaweit einheitlichen Learning & Development Plattform mit CORNERSTONE und die geplante Einführung von WORKDAY als HR-Kernsystem.
Welche Rolle spielt bei den Veränderungsprozessen die Unternehmenskultur?
Christian Effenberger: Unsere Unternehmenswerte und die Frage, wie wir unsere Mitarbeitenden mitnehmen, spielen eine entscheidende Rolle. Die Förderung einer wertebasierten Führungskultur ist dabei essenziell. Wir arbeiten zum Beispiel an der Entwicklung und Internationalisierung unserer Führungskräfteprogramme und legen dabei großen Wert auf das Zusammenspiel von Kultur und Führung. Unsere wertebasierte Führungskultur ist, in einem sich stetig verändernden Umfeld, dabei richtungsweisend – also unser Kompass.
Welche Chancen ergeben sich dadurch für den Fachbereich Personal bei Goldbeck?
Christian Effenberger: Um die strategische Rolle von HR zu stärken, ist es wichtig mit am Tisch zu sitzen und die Sprache der Entscheider*innen zu sprechen. Wenn beispielsweise die Unternehmensstrategie Wachstum ist, ist es für HR nicht nur essenziell dies zu wissen, sondern auch die entsprechenden Initiativen abzuleiten. Zum Beispiel mit Blick auf den möglichen Bedarf an Mitarbeitenden, die gesucht werden müssen. HR kann also Innovation und Change initiieren, begleiten und vorantreiben, indem es als enger Partner des Managements agiert und zielführende Lösungen anbietet. Eine offene und veränderungsbereite Unternehmenskultur zieht passende, innovative und agile Talente an, was die Innovationskraft und Kreativität im Unternehmen fördert. Wir suchen schon früh den Kontakt, gehen an Hochschulen, um uns als Unternehmen vorzustellen und Talente zu finden. Wir wollen jedoch nicht nur neue Talente finden, sondern auch Mitarbeitende binden. Mit Talentmanagement-Programmen und individuellen Entwicklungsmöglichkeiten kann HR die Mitarbeiterbindung stärken und die Fluktuation reduzieren. „Retention ist das neue Recruiting“, speziell in einem sich schnell entwickelnden Umfeld. Dabei spielt auch die Förderung von Diversität eine entscheidende Rolle. Ein schönes Beispiel ist unser Frauennetzwerk, das zwar nicht HR initiiert, sondern aus der Organisation entstanden ist. Wir waren hier lediglich Sparringspartner und unterstützen.
Wie geht Goldbeck mit dem Themenfeld Qualifizierung, Kompetenzentwicklung und Weiterentwicklung von Mitarbeitenden um?
Christian Effenberger: Wir setzen auf ein sehr differenziertes Angebot, denn wir wollen ein nachhaltiges Arbeits- und Lernumfeld schaffen, in dem alle Mitarbeitenden ihr volles Potenzial entfalten können und auf ihrem Entwicklungsweg begleitet werden. Es ist eine Kombination aus digitalen Angeboten, Präsenzveranstaltungen und Networking, wo voneinander gelernt wird – sowohl auf lokaler als auch auf internationaler Ebene. Da sprechen wir von rund 1.000 Seminaren jährlich, die wir zum Beispiel dank vieler interner Referent*innen realisieren können. Über 400 interne Trainer*innen spiegeln hier unsere Lernkultur – sie ist die Basis für das Change Management. Es müssen alle dranbleiben.
Dafür gibt es als digitales Angebot dieGOLDBECK Academy, die als zentraler Ort für Lernen und Weiterentwicklung dient. Sie bietet über 900 Lerninhalte in mehr als 13 Sprachen, die Mitarbeitenden kontinuierliche Weiterbildung ermöglichen. Hier können Trainings für Onboarding, fachliche Weiterbildung und Fachkräfteentwicklung genutzt werden.
Unser neues Talentmanagementsystem „GOLDBECK Learning and Development“ unterstützt zukünftig unsere Mitarbeitendengespräche und deren Weiterentwicklung. Es ermöglicht die Erarbeitung individueller Entwicklungspläne, die auf die Bedürfnisse und Potenziale der Mitarbeitenden eingehen. Es werden zudem auch die Bereiche Nachfolge- und Karriereplanung abgedeckt. Darüber hinaus fördern wir mit nationalen und internationalen Talententwicklungsprogrammen Mitarbeitende gezielt und bieten ihnen vielfältige Möglichkeiten, um ihre Kompetenzen zu erweitern. Dies geschieht in enger Verzahnung mit dem Business, zum Beispiel durch konkrete Aufgaben und Projekte während der Programme. Auch hier steht die Befähigung der im Fokus, um Wachstums- und Veränderungsprozesse zu begleiten und wirksam im Unternehmen zu werden.
Die Umsetzung und Etablierung neuer Prozesse bedarf einer Kompetenzentwicklung, Stichwort digital Skills. Wie stellt sich das HR bei Goldbeck hierzu auf? Wie unterstützt KI die HR-Prozesse bei Goldbeck?
Befähigung ist das Schlagwort und eines der Hauptthemen, um neue Prozesse umzusetzen und zu etablieren. Es braucht digitale Kompetenzen angesichts rasanter Entwicklungen wie ChatGPT oder DeepSeek. Wie können wir Angebote möglichst niedrigschwellig halten, damit sich die Mitarbeitenden damit zielgerichtet beschäftigen? Wie können wir KI für unsere Prozesse einsetzen, beispielsweise für die Optimierung von Stellenanzeigen, firmeneigene Chatbots oder für Schulungen? Und wie schnell adaptieren wir neue Entwicklungen? Das sind Fragen, mit denen wir uns gemeinsam mit unserer KI-Abteilung bei GOLDBECK beschäftigen.
Künstliche Intelligenz unterstützt zudem schon verschiedene HR-Prozesse bei Goldbeck. Schon jetzt sorgen automatisierte Datenanalysen der besseren Entscheidungsfindung, der Optimierung von Recruiting-Prozessen oder der Personalisierung von Lerninhalten. Ein KI-Botschafter-Programm, Pilot-Projekte wie die Nutzung von Teams-Premium, die Entwicklung eines GOLDBECK E-Learnings zur KI-Nutzung sowie bestehende Anwendungen wie ein firmeneigener Chatbot und Live-Übersetzungen in Meetings sind Teil dieser Bemühungen. KI-Communities und die Promptlib – eine Bibliothek, in denen vorformulierte Prompts dabei helfen, zielgerichteter zu prompten – fördern den Austausch von Best Practices, während KI-Sprechstunden und der baldige KI-Themenkanal weitere Wissensvermittlung ermöglichen.
Durch die zukünftige Integration unserer Mitarbeitenden in unser neues Personalmanagement-System schaffen wir außerdem eine starke Datenbasis, die mittels KI-gestützter Analysen genutzt wird, um Trends zu erkennen und gezielte Maßnahmen zur Kompetenzentwicklung abzuleiten.