Die KI-Pionierin will das Recruiting revolutionieren. „Das ist für mich ein Herzensthema“, erklärt Annika von Mutius, die auch als Vorständin im KI-Bundesverband aktiv ist und in dem größten KI-Netzwerk Deutschlands KI- und Deep-Tech-Unternehmen mit der etablierten Wirtschaft und Politik zusammenbringt. Dass die Realität – übrigens nicht nur in mittelständisch geprägten Unternehmen – noch ganz anders aussieht, weiß sie. Sie stammt aus einer Unternehmerfamilie. Und sie weiß auch, dass der berufliche Einstieg oder Wechsel häufig davon abhängt, ob man zur richtigen Zeit am richtigen Ort war oder jemanden kannte. „Das war bei mir nicht anders. Ich bekam den Job, da ich jemanden zur richtigen Zeit traf, der jemanden kannte, der jemanden kannte“, skizziert sie ihren Weg von der Uni über ihren ersten Job im Silicon Valley, wo sie für ein Robotics Startup Modelle mit Daten trainierte, bis hin zur Gründung ihres Startups. „Mathematisch gesehen, liegt die Wahrscheinlichkeit dafür bei weniger als 0,1% – schwindend gering“, erklärt die promovierte Mathematikerin schmunzelnd. Und blickt dabei auf viele Bewerbungsprozesse, die langwierig, ressourcenintensiv und von Zufall geprägt sind. Denn bislang nutzen die wenigsten Unternehmen KI-Modelle. Stattdessen setzen die meisten Unternehmen auf dieselben fünf Recruiting-Kanäle: traditionelle Stellenausschreibungen, Empfehlungen, Unternehmenswebseiten, Social Media und Karrieremessen. Zwar erzielen diese Kanäle Bewerbungen, doch nicht immer liefern sie die passenden Talente. Die Unterschiede in Reichweite, Kosten und Erfolgsquote sind teils erheblich. „Dabei ist AI allgegenwärtig“, unterstreicht Annika von Mutius. „Aber im Recruiting fällt die AI-Adoption, gemeint ist damit der erste Schritt, um künstliche Intelligenz zu nutzen, im Vergleich zu anderen großen Branchen weit zurück. Im Bereich Fin-Tech liegt die Anwendungsquote bereits bei 50 % und steigt weiter steil an – während sie im HR-Bereich aktuell bei unter 20 % liegt, also unter dem Niveau der Fin-Tech-Quote von 2018.“
Allein 70 Prozent aller Arbeitnehmenden – also eine überwältigende Mehrheit der Beschäftigten – denken über einen Arbeitsplatzwechsel nach. Besonders die Generation Z wird ganz neue Wege gehen: Im Laufe ihrer Karriere werden sie durchschnittlich 20 verschiedene Arbeitgebende haben – im Gegensatz zu den Baby-Boomern, die meist bei einem oder zwei Unternehmen geblieben sind. „Das ist dramatisch, denn es zieht eine Multiplikation der Kosten fürs Recruiting in den Unternehmen nach sich“, wie Annika von Mutius mit Blick auf viele im Markt verfügbar passiv suchende Arbeitnehmende feststellt. Vor allem aber wandeln sich auch die Anforderungen an Arbeitgebende: Es geht weniger um Status und Sicherheit. „Das Gehalt ist wichtig, aber kein dominantes Kriterium“, so die Mitgründerin. Vielmehr stehen wertebasierte Zufriedenheitsfaktoren wie Sinnhaftigkeit, persönliche Entwicklung, Werte und zwischenmenschliche Beziehungen im Fokus. Wie Studien von Empion zeigen, wünschen sich 99 Prozent der Bewerbenden deutlich mehr Individualität im Bewerbungsprozess – ein Wunsch, der in der gängigen Recruiting-Praxis oft unberücksichtigt bleibt.
„Doch berücksichtig dies HR?“, fragt Annika von Mutius. Hier kommt für sie Künstliche Intelligenz ins Spiel, die genau diese Individualität bei der Jobsuche ermöglicht. Eingesetzt als strategisches Werkzeug. Mithilfe eines datengetriebenen Ansatzes, der aus möglichen 100 Millionen zwölf individuelle Fragen herausfiltert. „Zu quantifizieren, zu individualisieren und mit den richtigen Parametern zu messen, das ist durch KI-Systeme möglich“, so die KI-Pionierin, die vier Level von KI im Recruiting ausmacht. Das Vier-Stufen-Modell der Automatisierung setzt beim Level 0 (keine Automatisierung) an und setzt sich von einfachen assistierenden Systemen über teil- und vollautomatisierte Prozesse bis hin zum vierten Level mit autonomen Recruiting-Systemen mit voller Entscheidungsbefugnis fort. „Aktuell stehen wir noch ganz am Anfang und befinden uns zwischen Level 0 und 1“, erklärt Annika von Mutius, die die Angst vor KI-Anwendung nehmen möchte. Ein Deep-Dive in das Vier-Stufen-Modell zeigt, dass erst ab dem dritten Level Entscheidungen im Profil-, Aufgaben- und Entscheidungsspektrum von KI getroffen werden. „Bis wir dahin kommen, braucht es noch viele Jahre“, prognostiziert sie.
Wie effizient der Einsatz von KI schon jetzt sein kann, erläutert Annika von Mutius schließlich anhand eines Praxisbeispiels: Die herkömmliche Suche nach einem/r Finanzbuchhalter*in erreichte 10.000 Menschen, von den 300 Bewerbenden wurden 16 eingeladen. „Für die Suche brauchte es 22 Tage, die Kosten lagen bei 8.100 Euro“, so die Co-CEO von Empion. Durch den gezielten Einsatz von KI-Systemen konnten nicht nur die Kosten pro Einstellung auf 3.100 Euro massiv reduziert, sondern auch die Time-to-Hire auf neun Tage deutlich verkürzt werden. Von den zehn Bewerber*innen wurden fünf zum Interview eingeladen: Das heißt, auch die Paarung zwischen Bewerbenden und Unternehmen war besser. „Man kann also durch KI Effizienzen generieren“, macht Annika von Mutius deutlich. Die Gefahr, dass KI-Systeme diskriminieren – also einen BIAS enthält – nimmt sie ernst, schätzt die Gefahr jedoch gering ein.
Doch Technologie allein reicht nicht. Damit das Recruiting wirklich besser wird, braucht es auch in Unternehmen ein Umdenken. „Um KI möglichst effizient einzusetzen, sollten sich in den Jobprofilen die tatsächlich benötigten Kompetenzen wiederfinden. Das hat oft wenig mit der Korrelation von Abschlüssen und Noten oder Titeln zu tun. Es geht um die Persönlichkeit und die Frage, auf welchen Kanälen ich die gesuchte Person finde“, betont die KI-Expertin. „Immer aber geht es – trotz des datengetriebenen Matchingprozesses – um den dahinterstehenden Menschen. Oft sind private Kanäle – wie Instagram oder Tik Tok insbesondere für die Generation Z – besser als professionelle wie LinkedIn.“ Gleiches gilt für die Unternehmenskultur, die nicht nur klar definiert, sondern auch aktiv gelebt und in den Auswahlprozess eingebunden werden muss. Interaktion und Empathie, Purpose und Werte, aber auch New Work, Führung und Team sind neben vielen anderen Themen relevant, um Mitarbeitende mitzunehmen sowie die Kultur und Werte eines Unternehmens weiterzuentwickeln. Auch beim Thema Employer Branding sind die Unternehmen gefordert. Wer heute Talente erreichen will, muss sichtbar sein – und das bedeutet mehr als eine gepflegte Karriereseite. Marketing-Experten sieht Annika von Mutius als Teil des HR-Teams. SEO-optimierter Content, Social Media und organisches Storytelling sollten zudem als entscheidende Werkzeuge für das Recruiting genutzt werden. „Es braucht Mut zur Innovation und Eigenverantwortung auch mit Blick auf den europäischen AI Act – faktisch sind nur rund 15 % der Unternehmen betroffen – und wir dürfen uns nicht vor Regulierungen fürchten“, unterstreicht die Gründerin. „Wir sollten KI-Systeme im Bereich HR anwenden – beispielsweise mit Score Cards arbeiten und quantifizieren –, um den Anschluss nicht zu verlieren und wettbewerbsfähig zu bleiben. Denn in diesem Kreislauf sind Aspekte wie Monetarisierung, Grundlagenforschung und finanzielle Ressourcen eng miteinander verknüpft. Die Möglichkeiten sind da, die Technologien verfügbar – jetzt ist die konsequente Anwendung von KI-Systemen entscheidend: durch die enge Verzahnung innovativer KI-Systeme mit der etablierten Wirtschaft schaffen wir die Grundlage für Europas technologische Souveränität.”
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