„Die Mitarbeitenden sind unsere wertvollste Ressource“, betont Frank Nientiedt. Dass das Thema „Mitarbeiterfindung und -bindung“ einen hohen Stellenwert bei der Böllhoff Gruppe genießt, zeigt die Schaffung der Position „Employer Branding“. „Wir haben unseren Mitarbeitenden zwar schon zuvor viele Angebote in Form von Social Benefits gemacht, aber dies sollte fortan zielgerichteter erfolgen.“ Um eine Strategie zu entwickeln, wurden zunächst Trends ausgemacht und Fragen gestellt. Wie tickt die jüngere Generation und welche Bedürfnisse hat sie? Welchen Stellenwert hat Work-Life-Balance? Wie häufig wird der Arbeitsplatz gewechselt? Da die Böllhoff-Gruppe im B2B-Bereich unterwegs ist, besteht eine Zielsetzung darin, das Unternehmen bekannter zu machen. Die Employer Value Proposition galt es zu eruieren. „Als Kern haben wir den Begriff ,Erfolgsverbinder’ ausgemacht, der umgeben ist von den Attributen menschlich, verantwortungsvoll und begeisternd.“ Böllhoff als Familienunternehmen in der vierten Generation handele fair und wertschätzend, engagiere sich in sozialen und ökologischen Bereichen und entwickele und produziere als Hidden Champion innovative Produkte für den Weltmarkt. „Die EVP wird wie eine Schablone über unsere Kommunikation gelegt, um zu transportieren, wofür wir als Unternehmen stehen, welche Unternehmenskultur wir verankert haben.“
Konkrete Maßnahmen wurden bereits umgesetzt. Seit Mitte 2020 wurde u. a. die Karriereseite der Website umfassend überarbeitet mit einer zielgruppengerechten Ansprache und individuellen Benefits. „Normalerweise sind wir in der Ansprache beim „Sie“, aber wir haben die Erfahrung gemacht, dass Auszubildende sich in der Du-Fom eher angesprochen fühlen“, berichtet Frank Nientiedt. Ein Video, in dem Azubis authentisch über ihre Ausbildung berichten, wirke sowohl nach außen als auch nach innen. Die jungen Menschen würden damit Markenbotschafter*innen in ihrem Unternehmen. Gezielte Aktionen wenden sich direkt an Schülerinnen und Schüler, damit sie auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz schon früh an Böllhoff denken. Der Candidate Journey kommt daher eine hohe Bedeutung zu.
Mitarbeiteraktivitäten wie Bouldern oder Bogenschießen konnten coronabedingt nicht oder nur eingeschränkt stattfinden. Im Dezember 2020 soll ein umfassend überarbeitetes Mitarbeitermagazin erscheinen. Außerdem gibt es Mitarbeiterrabatte beim Fahrradkauf bei ausgewählten Fachhändlern. Viele weitere Maßnahmen, wie Gesundheitsangebote, flexibles Arbeiten, Mobilitätszuschüsse, Aktionen wie „Volunteering together“ oder auch ein Reinigungs- und Bügelservice im Unternehmen, gibt es bereits oder werden diskutiert. „Es geht darum, die Mitarbeitenden maximal zu unterstützen, damit sie Spaß an der Arbeit haben.“
Daran knüpft Personalleiter Oliver Müller an und berichtet, mit welchen Maßnahmen die Stadtwerke ihre Mitarbeitenden langfristig an das Unternehmen binden möchten. Als zentrales Tool nennt er UFO, das Social Intranet der Stadtwerke, das mittlerweile auch als App für mobile Endgeräte zur Verfügung steht. „Am meisten Traffic haben wir unter dem Menüpunkt ,Schwarzes Brett’, der internen Verkaufsbörse.“ Außerdem gibt es ein Telefonbuch, Speisepläne, Pläne für Azubis, Aktionen und Angebote rund um die Bereiche Beruf & Familie, Fitness & Gesundheit und vieles mehr. Um nur ein Beispiel herauszugreifen: Die Stadtwerke kooperieren mit der AWO und bieten so den Kindern ihrer Mitarbeitenden regelmäßig Ferienspiele an. Außerdem besteht eine Zusammenarbeit mit ruf Jugendreisen. Die Pflege von Angehörigen wird ermöglicht und es gibt auf dem Betriebsgelände ein Eltern-Kind-Zimmer, ausgestattet mit einem PC-Arbeitsplatz. „Eine Besonderheit ist unser ,Väter-Projekt’, das wir gemeinsam mit dem Land NRW und der Väter gGmbH aufgesetzt haben. Wir wollten wissen, welche Bedürfnisse junge Väter haben, um Beruf und Familie gut vereinbaren zu können“, erzählt Oliver Müller.
Von der Baumpflanzaktion über die Unterstützung von Ehrenamtlichen mit bis zu 3 Tagen Sonderurlaub im Jahr bis zur Notlagen-Unterstützung und befristeter Teilzeit machen die Stadtwerke ihren Mitarbeitenden viele Angebote. „Wir müssen noch evaluieren, welche Maßnahmen für die Findung von Mitarbeitenden und welche für die Bindung wirksam sind. Im Moment gehe ich davon aus, dass 70 Prozent unseres Angebots eher auf die Bindung abzielen. Da müssen wir noch genauer hinschauen“, so Oliver Müller. „Das Intranet schafft Transparenz. Das Paket muss zu den Bedürfnissen der Mitarbeitenden passen.“
Homeoffice oder Präsenzzeiten? Nicht erst seit dem Lockdown wird Arbeitsort und Arbeitszeit diskutiert. Malte Kopp ist Geschäftsführer der PR-Agentur „Kernbotschaft“ und hat für seine sechs Mitarbeitenden die 4-Tage-Woche bei gleichbleibendem Gehalt eingeführt. „Montags bis donnerstags arbeiten wir jeweils eine Stunde länger und dafür ist der Freitag frei. Für den Freitag gibt es eine Art Notdienst, der reihum besetzt wird“, erklärt der Marketingberater. „Wir haben vereinbart, dass dienstags und mittwochs Kernarbeitstage sind. An den restlichen Tagen können die Mitarbeitenden wählen, ob sie zu Hause oder in der Agentur arbeiten möchten.“ Mit dem Resultat ist Malte Kopp zufrieden. „Die Mitarbeitenden freuen sich über mehr Lebensqualität und das entgegengebrachte Vertrauen. Auch für mich als junger Vater ist es viel wert, dass ich nicht mehr jeden Freitag arbeite und mehr Zeit für die Familie habe.“
Die drei Gesprächsbeiträge sorgten für reichlich Diskussionsstoff, der in zwei Breakout-Sessions in Dreiergruppen vertieft werden konnte. Die Ergebnisse wurden in großer Runde vorgestellt. Vertrauen in die Mitarbeitenden sei wichtig, stellte Michael Lorenz von Kundenfokussiert fest. Und Oliver Müller gab zu bedenken, dass beim Thema Homeoffice die Schere innerhalb der Belegschaft, da nicht jeder Bereich eines Unternehmens nach Hause verlagert werden könne, nicht zu groß werden dürfe. Dann müssten Alternativen für die gewerblich-technischen Berufe geschaffen werden. Michael Born von AGFEO berichtet, dass bei Neuanschaffungen nun genau abgewogen wird, ob ein homeofficetauglicher Laptop mit integrierter Kamera nicht sinnvoller sei als ein PC mit Monitor. Doreen Wolf von Doreen Wolf Relocation Services hat von Berufs wegen sowohl die Seite der Mitarbeitenden als auch der Arbeitgeber im Blick. Um tatsächlich Bindung herzustellen, müssen die Bedürfnisse des Individuums gesehen werden. Auch Eric Adelt, Geschäftsführer der IP Adelt GmbH plädiert dafür, genau zu betrachten, was der Einzelne braucht. Auch die Themen Fluktuation, Evaluation, Vermeidung von Neiddebatten innerhalb der Belegschaft, Wertschätzung und Sicherheit geben wurden in der Runde angesprochen.
Viel Stoff also, der bei diesem Partnertreffen für viele Inspirationen sorgte. Das nächste virtuelle Treffen ist für den 7.10. geplant. In der Zwischenzeit arbeitet das DKAB-Team zusätzlich an einem Format, das auch wieder persönliche Begegnungen ermöglichen soll. Denn obwohl die virtuellen Treffen gut funktionieren, kommt man von Angesicht zu Angesicht doch weitaus lockerer ins Gespräch.
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