1951 in Ostwestfalen gegründet ist Schüco heute einer der Technologieführer für Gebäudehüllen und weltweit bekannt für Fenster, Türen und Fassaden. Mit 5.650 Mitarbeitenden weltweit sind die Bielefelder in mehr als 80 Ländern vertreten. Und es tut sich so einiges im Unternehmen. Mit dem umfassenden Neubau- und Sanierungsprogramm stellt sich Schüco für die Zukunft auf und investiert insgesamt rund 95 Millionen Euro am Standort Bielefeld. Nachhaltigkeit ist beim Branchenprimus kein bloßes Lippenbekenntnis. Das Traditionsunternehmen will in der Branche Vorreiter sein. Was bedeutet „nachhaltig“ bei Schüco? Und wie gelingt der Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit und Ökologie? Ein Gespräch mit Pressesprecher Thomas Lauritzen.
Herr Lauritzen, 70 Jahre Schüco. Was waren aus Ihrer Sicht Meilensteine?
Da sind seit der Gründung 1951 durch Heinz Schürmann in Porta Westfalica so einige zu nennen. Los ging es übrigens in einem kleinen Hinterhof, hier fertigten sechs Mitarbeiter Schaufenster, Markisen und Rollgitter aus Aluminium. Mit dem leichten und modernen Werkstoff wuchs das Unternehmen in rasantem Tempo. Es folgten der Umzug nach Bielefeld, die Eröffnung von Handelsniederlassungen im Westen Deutschlands und die Partnerschaft mit AluKönigStahl Österreich. In den 1960er-Jahren expandierte Schüco sowohl national als auch international. Richtungsweisend erwies sich der Verkauf 1964 an die Otto Fuchs KG. Im Verlauf der 1970er entwickelt sich Schüco zum Systemlieferanten für Fenster, Türen und Fassaden aus Aluminium.
Wann kam der Kunststoff dazu?
Das war zu Beginn der 1980er. Das Unternehmen hat schon sehr früh die Potenziale des vielfältigen Werkstoffes Kunststoffs erkannt und das Produktportfolio um Kunststoff-Fenster erweitert. Auch durch den Fall der Mauer 1989 boten sich neue Chancen. Mit umweltfreundlicher Gebäudesanierung hat Schüco in Ostdeutschland und Osteuropa das Geschäft weiter ausgebaut und zugleich in die USA expandiert. Im folgenden Jahrzehnt wurden die Aktivitäten nach Südamerika und China ausgedehnt. Mit den drei Sparten Metallbau, Kunststoff und Solar hat sich Schüco einen Namen als Spezialist für nachhaltige Lösungen rund um die Gebäudehülle gemacht. 2012 haben wir uns vom Solargeschäft verabschiedet und uns auf das Kerngeschäft Metallbau und Kunststoff konzentriert. Dadurch konnte sich die Gruppe mit innovativen Produkten und digitalen Lösungen als Technologie- und Serviceführer der Branche positionieren.
Dann gab es noch einen Wechsel in der Geschäftsleitung …
Richtig. 2012 wurde Andreas Engelhardt neuer Vorsitzender der Geschäftsleitung und übernahm 2014 die Funktion des persönlich haftenden Gesellschafters. Sowohl Erweiterungen des Produktportfolios durch Beteiligungen an der SÄLZER GmbH und der Soreg AG als auch strategische Bauinvestitionen in Millionenhöhe prägten dann die nächsten Jahre. Die Schaffung moderner Arbeitswelten und Produktionsstandorte bildeten und bilden noch immer die zukunftsgerichtete Basis des Unternehmens. Bei allen Aktivitäten stehen die Menschen, die mit, für und bei Schüco arbeiten, immer im Mittelpunkt.
Schüco baut neu, Schüco baut um und investiert rund 95 Millionen Euro am Standort Bielefeld.
Was tut sich an der Herforder Straße?
Das ursprüngliche Hauptgebäude aus dem Jahr 1974, der Erweiterungsflügel aus dem Jahr 1993 und der Neubau werden zu einem neuen Verwaltungsgebäude mit dem Namen „Schüco One“ vereinigt. Für unsere Mitarbeitenden bedeutet das: moderne Büros, die die Arbeit und Kommunikation vereinfachen. Verschiedene Arbeitswelten kommen unter einem Dach zusammen und geben Raum für leichteren Wissensaustausch. Schüco One wird sicherlich ein neuer Blickfang an der Herforder Straße werden. Der Neubau schafft zukünftig über eine „gläserne Brücke“ eine direkte Verbindung zur bisherigen Unternehmenszentrale. Es entsteht aus dem Zusammenspiel der beiden Gebäude ein Tor zur Schüco Welt: Die hier verlaufende Schücostraße bildet eine Achse, die die Unternehmenszentrale entlang des Schüco Showrooms und des Parkhauses mit dem Logistikzentrum verbindet. Außerdem bauen wir ein Gebäude mit dem Namen „Schüco Corporate Services“ und unser zukünftiges Gästezentrum, das „Welcome Forum“. Das Welcome Forum ist ein Zeichen der Willkommenskultur bei Schüco. Als solches wird das neue Gebäude – hier ist auch der Showroom mit integriert – in Zukunft die erste Anlaufstelle für internationale und nationale Gäste und bietet Verarbeitern, Investoren, Bauherren, Architekten, Planern sowie Mitarbeitern die Möglichkeit, in die vielfältige Produktwelt von Schüco einzutauchen. Fast jedes Gebäude hier ist ein Ausstellungsstück, mit dem wir zeigen, was wir in Sachen Fassaden und Fenster können und anbieten.
Welche Rolle spielen Themen wie Gebäudeeffizienz, Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit bei Ihrem Bauvorhaben in Bielefeld?
Gemäß unseres Ziels, Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit zu sein, naturgemäß eine sehr große. Die hochmodernen Neubauten sind unsere Visitenkarte. Wärmedämmung, Belüftungseinrichtungen, innen- und außenliegender Sonnenschutz sind Bestandteil der Fassade. Sensoren steuern unter anderem die Luftzufuhr ins Innere des Gebäudes. Dabei probieren wir Technologie aus, die wir unseren Kunden zeigen und verkaufen möchten. Als eine Art Produktentwicklung auf der Baustelle.
Nachhaltig bauen gehört zu unserem Markenkern. Deswegen stellen wir höchste Ansprüche an unser neues Gebäude: Weltweit erstmalig soll der Neubau von Schüco One nicht nur eine, sondern drei Zertifizierungen erhalten: LEED, BREEAM und DGNB. Das ist ein Beleg für nachhaltige Planung, hochwertige Ästhetik, energiesparenden Betrieb und ein modernes Arbeitsumfeld. Zusätzlich sind unsere verbauten Produkte cradle to cradle-zertifiziert und somit kreislauffähig und besonders ressourcenschonend. Davon profitieren unsere Mitarbeitenden: Viele der Baumaßnahmen führen zu einer höheren Gebäudequalität mit z. B. extrem niedrigen Schadstoffwerten weit unter den gesetzlichen Vorgaben, Barrierefreiheit in großen Teilen des Gebäudes und hohen Tageslichtwerten.
Was schätzen Sie am Standort Bielefeld?
Der Standort Bielefeld liefert von der Logistik und der bestehenden Infrastruktur alles, was Schüco braucht. Auch das Image von Bielefeld außerhalb von OWL wird kontinuierlich besser. Hier zahlen sich die nachhaltigen Marketinganstrengungen wirklich aus.
Warum ist Schüco Partner von „Das kommt aus Bielefeld“?
Wir wollen mit den anderen DKAB-Partnern gemeinsam daran arbeiten, die gute Lebensqualität Bielefelds weiter nach außen zu vermarkten, um Fachleute und Nachwuchskräfte von Schüco und der Region Bielefeld zu überzeugen.
Schüco will – wie Sie eben schon erwähnten – in der Branche Vorreiter in puncto Nachhaltigkeit sein. Was verstehen Sie darunter?
Wir wollen bis 2040 klimaneutral sein. Das ist eine große Herausforderung, das ist uns bewusst. Ein Teilziel, nämlich 30 Prozent, wird bereits 2025 fällig. Und das ist gefühlt morgen. Wir müssen die Dinge jetzt konsequent angehen, damit wir unser Ziel erreichen, beziehungsweise diesem so nah wie möglich kommen. Daraus entstehen Zielkonflikte, die mit den unterschiedlichen Fachabteilungen schücointern diskutiert und gelöst werden müssen. Denn was ökologisch gut ist, muss nicht immer wirtschaftlich erfolgreich sein und umgekehrt. Im Grunde geht es darum, zukünftig neben Zeit, Kosten und Qualität die vierte Dimension Nachhaltigkeit in allen Entscheidungen mit zu berücksichtigen. Wir wollen bei Schüco und in der Baubranche das Thema Nachhaltigkeit dadurch auf ein anderes Level heben.
Welche Rolle spielt die Kreislauffähigkeit?
Wir arbeiten bei unseren Produkten Fenster, Türen und Fassaden überwiegend mit den Materialien Aluminium und Kunststoff. Das kostet erst mal viel Energie. Eine große Herausforderung in Sachen Nachhaltigkeit ist somit die Herstellung von Aluminium. Gebäude sind in puncto Aluminium unsere größten Rohstofflager der Zukunft. Wenn wir Aluminium daher recyceln, können wir das Material mehrfach mit geringerem Energieaufwand und ohne Qualitätsverlust verwenden. Der Craddle-to-Craddle (C2C)-Ansatz spielt eine entscheidende Rolle: Sind unsere Produktsysteme so konstruiert, dass man sie auch ausbauen und sortenrein trennen kann, dann bleibt das Material im Kreislauf. Mittlerweile haben wir bereits über 50 Systeme, die nach dem Cradle-to-cradle-Standard zertifiziert sind.
Wie ist die Resonanz Ihrer Kunden auf Ihre klimafreundlicheren C2C-Systeme?
Sehr gut. 2019 auf der Messe in München haben wir unsere seinerzeit 44 zertifizierten Systeme vorgestellt; ein halbes Jahr später haben wir damit bereits 45 Prozent unseres Umsatzes gemacht. Das sind jetzt unsere Standardprodukte. Letztlich entscheiden Investoren darüber, wie nachhaltig gebaut wird. An diese wollen wir verstärkt mit den richtigen Argumenten herantreten. Das geht auch über die Themen Vermietbarkeit, Weiterverkauf und Wiederverwertbarkeit. Und darum, ein Projekt vom Anfang bis zum Ende zu denken. Neben dem Faktor Gebäudebau ist die Betrachtung des gesamten Gebäudezyklus` inklusive der Nutzer essenziell für die Entscheidungsfindung eines Investors.