Offen zu sein für neue Ansätze treibt das Bielefelder Startup an und um. Seit eineinhalb Jahren arbeiten Yasemin Kesti, neben Henoch Derar, Tim Strulik als Co-Founder*in von JoBooking und Sowmya Kamath Ramesh, an ihrem Produkt. Jens Schneider und Merlin Sven Marek von der Impact IT Services GmbH haben das Team maßgeblich bei der Entwicklung unterstützt. Die Wirtschaftswissenschaftlerin Yasemin Kesti kümmert sich hauptsächlich um den Vertrieb und die Netzwerkarbeit, Wirtschaftsingenieur Henoch Derar ist verantwortlich für die Schulpartnerschaften, während Tim Strulik, Jens Schneider und Sowmya Kamath Ramesh als Entwickler das technische Konzept umsetzen. „Jetzt befinden wir uns mitten im Markteintritt“, sagt die 38-Jährige. Entstanden ist die innovative Idee im Center for Entrepreneurship der Hochschule Bielefeld (HSBI).
Das Team hat das EXIST-Gründerstipendium erhalten, um die wissenschaftlich entwickelte Lösung in den deutschen Markt zu bringen. Yasemin Kesti, deren Schwerpunkt Human Resources ist, hat sich gemeinsam mit ihrem Team intensiv mit dem sich verändernden Fachkräftemarkt beschäftigt. „Wo gibt es Probleme und warum?“ sind für sie Schlüsselfragen für den oft schwierigen und aufwendigen Matching-Prozess, an dem Unternehmen, Schulen und Schüler*innen beteiligt sind und dennoch häufig nicht zueinander finden. „Viele Unternehmen nutzen die Klaviatur des Recruitings nicht mehr zeitgemäß“, lautet ihr Fazit. „Wir brauchen eine moderne Lösung, da die Ressourcen und Kompetenzen in vielen Unternehmen nicht vorhanden sind und der alte Prozess bei jungen Menschen nicht mehr matcht.“
Neue Wege im Recruiting-Prozess denken und finden – dafür steht das Team hinter JoBooking. Die ohnehin stattfindende Berufsorientierung in den Schulen mit dem Recruiting der Unternehmen zu verbinden, lag für die Gründer auf der Hand. Ziel ist es, den Bewerbungsprozess einfacher, effektiver und damit digitaler zu gestalten. Dafür hat das Ed-Tech-Start-up alle Beteiligten in die Entwicklung einbezogen. Die Schulen, mit denen das Team den Austausch gesucht hat, spiegeln die gesamte Bandbreite von Gesamtschulen über Realschulen und Berufskollegs bis hin zu Gymnasien.
„Bereits jetzt nehmen mehr als 40% der Schulen in unserer Stadt an unserem Projekt teil“ so die Gründerin. Gleiches gilt für die Unternehmen aus der Region. Sie repräsentieren verschiedene Branchen und variieren in der Größe. So werden zukünftig Unternehmen wie die VerbundVolksbank OWL eG, die Sparkasse Bielefeld oder der Hettich GmbH & Co. KG JoBooking für ihr Recruiting einsetzen. „Die Probleme im Matching-Prozess sind für kleine, mittelständische und auch große Unternehmen vielfältig. Beim Recruiting spielen neben der Unternehmensgröße – damit einher geht oft die Bekanntheit eines Unternehmens – aber auch viele andere Faktoren eine Rolle. Einer der wichtigsten Erkenntnisse ist jedoch, dass Unternehmen und Schüler*innen zwar oft zur selben Zeit, aber an verschiedenen Orten suchen“, weiß Yasemin Kesti durch umfangreiche Validierungen.
Die Bemühungen beider Parteien zueinander zu finden, will JoBooking durch die digitale Plattform bündeln. „Unser Ziel ist es, die Tür zu öffnen, um den ersten Schritt zu erleichtern. Daher haben wir nach einer Lösung mit einem möglichst niedrigschwelligen Ansatz gesucht“, erklärt Yasemin Kesti. „Die Recruiting-Plattform ist zusammen mit den Menschen entstanden, für die sie entwickelt wurde.“
Uns geht es auch in Sachen Berufswahl darum, den Blick der jungen Menschen zu weiten. Weg von Stereotypen.
Yasemin Kesti
Drei in eins heißt die Lösung des Bielefelder Startups, das aus einem Lernmanagementsystem, einem Bewerbermanagementsystem und zukünftig einer Anwendung für Lehrer besteht. JoBooking ist für den Berufsorientierungsunterricht ab der 8. Klasse gedacht. Die Rekrutierungsplattform für Nachwuchskräfte lässt sich durch das Lernmanagementsystem in den Schulunterricht einbinden und ermöglicht die Zusammenführung von Unternehmen, Schulen und Jugendlichen. Die Schüler*innen nutzen die Plattform, die auf ihr Mediennutzungsverhalten zugeschnitten ist und bei der Unternehmensprofile oder Stellenanzeigen ähnlich wie auf TikTok durchgeleitet werden, im Unterricht. Jede und jeder Jugendliche erstellt über die App selbstständig eine eigene Bewerbungs-Homepage, kann direkt Unternehmen kontaktieren, Fragen stellen oder auch Praktikumsplätze buchen“, listet Yasemin Kesti einige Möglichkeiten für Schüler*innen auf.
Die individuelle Bewerbungs-Homepage, die jeder Schüler deutschlandweit versenden kann, gibt wiederum Raum, um eigene Aktivitäten oder Hobbys ausführlich zu beschreiben und so die eigenen Stärken und Interessen zu kommunizieren. „Das sind Talente, die Schüler*innen oft nicht zu Wort bringen. Ein wichtiger Game-Changer ist allerdings, dass Schüler*innen direkt von den Unternehmen über eine Chat-Funktion angesprochen werden dürfen“, unterstreicht die Gründerin, „es ist für viele deutlich leichter, zunächst digital in Kontakt zu treten.“ Und durch die Verortung in der Schule erreichen Unternehmen in ihrer Region alle relevanten Jugendlichen der Partnerschulen direkt und ohne Streuverluste.
Statt auf Bewerbungseingänge zu warten, können Unternehmen die im Unterricht erstellten Unterlagen sichten – sofern die Schüler*innen zustimmen. Außerdem können sie JoBooking als Kanal für ihr Azubi-Marketing nutzen, um auf freie Praktikums- und Ausbildungsstellen oder auf Messen und Veranstaltungen aufmerksam zu machen. „Vor allem haben Unternehmen die Chance, junge Menschen in ihrem Berufsorientierungsprozess aktiv über einen längeren Zeitraum zu begleiten. Einfach, indem sie ihnen zum Beispiel Praktika anbieten, über die Plattform kommunizieren und für Fragen und Anregungen zur Verfügung stehen“, erklärt Yasemin Kesti. Dabei arbeiten die Unternehmen in ihrem eigenen System: Das Bewerbermanagementsystem von JoBooking bietet besonders für kleine und mittelständische Unternehmen einen Mehrwert. „Viele Unternehmen profitieren immer noch nicht von solchen Anwendungen. Bei uns erhalten sie eine „End-to-End-Recruitinglösung“ die sie von der Inserierung bis zur Stellenbesetzung begleitet. Für die großen Arbeitgeber bieten wir Schnittstellen zu ihren eigenen Systemen.“, so Yasemin Kesti. Dabei ist JoBooking nicht nur für die Arbeitgeber aus OWL einsetzbar. Unternehmen können deutschlandweit bereits jetzt die Anwendung für ihre bestehenden Schulkooperationen nutzen und damit JoBooking in ihr AZUBI-Recruiting integrieren. Hier wird nochmals die Innovation des Startups deutlich, die darin besteht, verschiedene Arbeitswelten der User*innen digital und gekonnt zu vernetzen.
Doch JoBooking will nicht nur die Sichtbarkeit der Unternehmen steigern. „Uns geht es auch in Sachen Berufswahl darum, den Blick der jungen Menschen zu weiten. Weg von Stereotypen“, so die Founderin. Auf die große Welt beruflicher Ausbildungsmöglichkeiten macht die Plattform mit Schlagworten wie Alltagsheld, Menschenglücklichmacher, Weltverbesserer oder Menschenfreund Appetit. „Hier können sich Jugendliche, angepasst an ihre Bedürfnisse, informieren“, so die Bielefelderin, mit Blick auf unentschlossene Jugendliche und „ihren Blick erstmals auf die „Berufung“ lenken anstatt nur auf die Kompetenzebene“. Sie möchte mehr Leichtigkeit in den Recruiting-Prozess reinbringen. Überhaupt braucht es aus ihrer Sicht ein Mindset, das offen ist für neue Produkte und Wege. Dinge neu und digital zu denken, ist ihr ein Anliegen. „Bewährtes zu behalten, schließt das nicht aus“, sagt sie. „Aber wir müssen uns fragen, wie funktioniert Digitalisierung. Es kann nicht darum gehen, die Bewerbungsmappe, die früher per Post verschickt wurde, nur 1:1 als digitale Mappe zu verschicken. Vielmehr müssen wir uns fragen, was ist das Ziel des analogen Prozesses und wie können wir diesen digital darstellen und realisieren?“
Das innovationsbasierte Startup geht dabei so vielfältig vor wie die Menschen, die dahinterstehen. „So unterschiedlich wie wir sind, teilen wir doch die gleichen Werte: Familie, Freunde, Ehrlichkeit und ein offener Umgang miteinander. Wir arbeiten viel, sehr viel miteinander und so steht die Arbeit auch im Lebensmittelpunkt. Wir brauchen alle Talente für diese Projektarbeit, aber als Menschen wollen wir einen Ort schaffen, an dem jeder sein kann, wie er ist. Diese Haltung prägt uns in unserem gesamten Tun und spiegelt sich letztendlich auch in unserer Produktentwicklung“, unterstreicht Yasemin Kesti.
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