Seit Anfang der 1980er Jahre setzt sich der Chemiker und Verfahrenstechniker für eine Welt ohne Abfall ein. Er gilt als Pionier des „Cradle to Cradle®“-Designs und entwickelt konkrete Lösungen für komplexe Umweltprobleme. Die von ihm 1987 gegründete Internationale Umweltforschung EPEA GmbH verfolgt als Innovationspartner die Konzeption von umweltverträglichen Produkten, Prozessen, Gebäuden und Stadtquartieren. Das Ziel ist es, das „Cradle to Cradle®“-Designprinzip für die Circular Economy in allen Industriebranchen zu etablieren. Unternehmen werden dabei unterstützt, Teil des Wandels zu sein: von der molekularen bis zur modularen Ebene, von der Chemikalie bis hin zur Stadt.
Was Wissenschaftler*innen schon seit vielen Jahrzehnten anmahnen, ist spätestens in den letzten Jahren im Bewusstsein der Bevölkerung angekommen. Ein „Weiter so“ kann es nicht geben. Mit Blick auf die Gletscherschmelze und der Perspektive, dass mit voranschreitender Umweltzerstörung halb Europa eine Steppe sein wird, hält Professor Braungart die 1,5-Grad-Vorgben für deutlich zu kurz gegriffen. „Das Ziel muss es sein, dass wir 2100 wieder den Gehalt an CO2 in der Atmosphäre haben wie um 1900. Wir müssen Produkte schaffen, die innovativ sind und durch Qualität und Schönheit überzeugen.“ Dazu gehört, dass in zehn Jahren nur noch Plastik verwendet wird, das aus der Atmosphäre geholt wird. Die Nachhaltigkeitsabteilungen der Firmen müssen zu Innovationsabteilungen werden, um Produkte zu entwickeln, die biologisch nützlich sind.
„Wir brauchen nicht mehr Effizienz, sondern mehr Effektivität“, betont Professor Braungart. „Ein Baum ist klimapositiv“, sagt er. „Wenn Sie neutral sind, existieren Sie nicht.“ Vermeiden und reduzieren bedeute lediglich, dass etwas weniger schädlich ist. Die Umwelt wird nur ein bisschen weniger zerstört. „Das ist, als würde ich mein Kind nur fünf Mal und nicht zehn Mal am Tag schlagen“, nennt er ein eindrückliches Beispiel.
Nicht Klimaneutralität sollte der Anspruch sein, sondern klimapositiv zu sein. Dazu braucht es von Anfang an die richtigen Produkte. Viele Kunststoffe seien beispielsweise nicht für das Recycling geeignet. „Wir benötigen Kunststoffe, mit denen das funktioniert, sonst perfektionieren wir das Falsche“, so der Universitätsprofessor. Ressourcen und Materialien entlang der kompletten Wertschöpfungskette im Kreislauf zu halten, das muss das Bestreben sein. „Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das Müll produziert. Es gibt mehr Ameisen als Menschen auf der Welt. Ihre Nährstoffe sind nützlich, sie erhalten den Regenwald. Wir brauchen eine Art von bio, bei dem unsere Nährstoffe sinnvoll eingebettet werden können. Wenn man im ländlichen China zum Essen eingeladen wird, gilt es als unhöflich, wenn man geht, ohne zuvor die Toilette aufgesucht zu haben. Die Nährstoffe sollen vor Ort bleiben.“ Bei uns ist das Thema Fäkalienverwertung tabu.
Innovatives Denken mit Rundumblick ist gefragt. Ein Beispiel für eine nicht zu Ende gedachte Produktneuheit seien beispielsweise Autoreifen, die heute doppelt so lange halten wie noch vor dreißig Jahren. „Aber früher blieb der Abrieb auf der Straße, jetzt landet er in den Gewässern. Wenn man das Falsche perfekt macht, macht man das perfekt falsch“, erklärt der C2C-Pionier. „Produkte müssen für die Umwelt nützlich sein. Das können beispielsweise Gebäude sein, die die Luft reinigen. Die Feinstaubbelastung verkürzt die Lebenserwartung um durchschnittlich fünf Jahre. Die Ausgangsfrage ist: Was ist gesunde Luft? Und dann können wir CO2 einsparen“, so sein Ansatz.
Die Nachhaltigkeitsabteilungen der Firmen müssen zu Innovationsabteilungen werden
Prof. Michael Braungart
Er plädiert für neue Geschäftsmodelle. Niemand solle mehr eine PV-Anlage kaufen müssen, sondern nur eine definierte Nutzungszeit. Ein Ansatz, der sich auf viele Produkte und Geräte des täglichen Gebrauchs übertragen ließe. Die Hersteller würden qualitativ hochwertigere Materialien verwenden, weil sie ein Interesse daran haben, dass ihre Produkte einwandfrei funktionieren und die Kundschaft zufrieden ist. Durch die definierte Nutzungszeit weiß der Hersteller, wann sein Produkt zurückkommt, und kann die Wiederverwendung und/oder Aufbereitung der verbauten Elemente vorab planen.
In diesem Bereich gibt es erste Ansätze. Miele bietet Mietmodelle für Waschmaschine, Geschirrspüler und Co. Und auch in puncto C2C sind einige Unternehmen schon weit. Das Werk der Bielefelder ZF Friedrichshafen AG ist der größte Aufarbeitungsstandort des weltweit agierenden Konzerns. Hier werden Kupplungen für Lkw und Drehmomentwandler für Pkw aufgearbeitet – aus 98 Prozent Altteilen. Das bringt eine Materialeinsparung zwischen 70 und 90 Prozent. Und auch das Bielefelder Unternehmen Schüco setzt u.a. auf die vollständige Wiederverwendung von Aluminiumfensterrahmen.
Die Circular Economy hat das Potenzial, die zwingend notwendige Revolution 5.0 voranzutreiben und damit einen positiven Einfluss für Menschen und unsere Umwelt zu schaffen.
Michael Braungart studierte Chemie und Verfahrenstechnik, unter anderem in Konstanz, Darmstadt, Hannover und Zürich. In den 1980er Jahren engagierte er sich bei der Umweltorganisation Greenpeace und half mit, dort ab 1982 den Bereich Chemie mit aufzubauen, deren Leitung er 1985 übernahm. Heute lehrt Professor Dr. Michael Braungart an der Leuphana Universität Lüneburg. Zudem ist er Gründer von EPEA Internationale Umweltforschung in Hamburg, der Wiege von Cradle to Cradle, Mitbegründer und wissenschaftlicher Leiter von McDonough Braungart Design Chemistry (MBDC) in Charlottesville, Virginia (USA) sowie Gründer und wissenschaftlicher Leiter des Hamburger Umweltinstituts (HUI).
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