„Schon seit vielen Jahren beschäftigen wir uns als Wirtschaftsförderung mit dem Thema Arbeitskräftesicherung“, erzählt WEGE-Prokuristin zur Einführung des Partnertreffens in den Räumlichkeiten des Pioneers Clubs. „Wir haben uns schon intensiv dazu ausgetauscht, wie sich Arbeitsformen verändern und welche Ansprache die jüngere Generation, insbesondere die Generation Z, braucht, um sie für das eigene Unternehmen zu gewinnen. Jetzt lenken wir den Blick auf die Älteren. Wie können Unternehmen vom Know-how der Best Ager profitieren? Und welche Bedürfnisse hat die Zielgruppe 50+?“ Als Expertin hat das DAS KOMMT AUS BIELEFELD-Team Yani Neugebauer vom Gründungszentrum 50PLUS als Inputgeberin eingeladen.
Zu Beginn ihrer Keynote hält Yani Neugebauer die aktuelle Ausgabe des DKAB-Magazins mit dem prominent gesetzten Titel „Open Minded“ hoch: „Das ist es, was wir brauchen“, betont sie und meint eine Aufgeschlossenheit neuen Ideen gegenüber. Dazu gehört es, Dinge anders zu denken, um das Potenzial der Älteren zu nutzen. Und das sollte angesichts der alarmierenden Zahlen dringend genutzt werden. Denn in den nächsten zehn Jahren gehen rund zehn Millionen Baby Boomer in Rente, was schon aus volkswirtschaftlicher Sicht die Staatskasse enorm belastet. „Wir können es uns schlicht nicht leisten, dieses Potenzial zu vernachlässigen“, betont die BWLerin, die 15 Jahre erfolgreich in der Finanzbranche tätig war.
Und die Voraussetzungen sind im Grunde gut. Denn laut einer von der Körber-Stiftung in Auftrag gegebenen Forsa-Studie können sich zwei Drittel der Älteren vorstellen, bis zum 75. Lebensjahr zu arbeiten. Allerdings zu anderen Bedingungen: weniger Druck, keine 40-Stunden-Woche, die Tätigkeit sollte sinnstiftend sein und die Arbeit selbstbestimmt. „Die Älteren sind in einer sehr reglementierten Arbeitswelt aufgewachsen. Wenn sie länger arbeiten, möchten sie sich die Arbeit selbst einteilen und auch darüber verfügen, wann sie was wie tun.“ Viele möchten nach einem langen Berufsleben auch noch mal etwas ganz anderes ausprobieren und ihre eigenen Potenziale heben. Ein Rollenwechsel wird angestrebt. Dabei unterstützt Yani Neugebauer Ältere in ihrem Gründungszentrum. Gemeinsam werden die Stärken herausgearbeitet und das Know-how erfahrener Mitarbeiten, Interims- oder Projektmanager an Unternehmen vermittelt.
Wir können es uns schlicht nicht leisten, dieses Potenzial zu vernachlässigen
Yani Neugebauer
Neben der persönlichen Motivation, nach dem Berufsleben noch mal etwas anderes machen zu wollen und/oder das erworbene Wissen weiterzugeben, gibt es Hinweise darauf, dass eine als sinnvoll empfundene Arbeit die Menschen geistig und körperlich fitter hält und zu einer längeren Lebenserwartung beiträgt.
Unternehmen können auf der anderen Seite von der Expertise der Älteren profitieren und zwar, wenn sie die Erfahrung und das Know-how projektbezogen einkaufen – individuell gestaltet und nicht in Form einer Festanstellung. Weiterhin bestätigen Studien, dass externes Wissen ein Treiber für Wachstum und Innovation ist.
Aus der Praxis berichtet Adelheid Blecke, die als Senior-Beraterin Marketing/Strategie im Gründungszentrum 50PLUS aktiv ist. „Uns gibt es dutzendweise“, sagt sie mit Blick auf Senior*innen, die Lust haben, ihre Erfahrung einzubringen. „Leider haben wir bislang dafür kein gesellschaftliches Modell. Mir fehlt zum Beispiel auf den Karriereseiten der Unternehmen die Ansprache an die Älteren, dass Menschen 50 plus herzlich willkommen sind und dass man ihnen spezielle Arbeitsmodelle anbietet.“
Die sich an die Keynote von Yani Neugebauer und den Kommentar von Adelheid Blecke anschließende lebhafte Diskussion zeigte, wie sehr die Einbindung von Best Ager die Vertreter*innen der DKAB-Partner bewegt. Die Erfahrungsberichte aus der unternehmerischen Praxis zeigt, dass altersdiverse Teams keine Selbstläufer sind. Manchmal kommt es zu Reibereien, wenn der Senior meint, es aufgrund seiner Erfahrung besser zu wissen, während der Junior der Meinung ist, sein älteres Gegenüber habe keine Ahnung von Digitalisierung. Gute Erfahrungen wurden bereits mit Teams aus drei Gruppen gemacht: den jungen Wilden, den älteren Erfahrenen und Expert*innen von außen.
Ein weiterer Aspekt ist die Haltung. Unternehmen müssen gerade in Hinblick auf Ältere höchst flexibel sein, denn bei ihnen steht nicht immer das Thema Geld im Vordergrund, sondern der Wunsch Wissen weiterzugeben, Neues zu entdecken und sich dadurch jung zu fühlen. Allerdings gilt dies vornehmlich für qualifizierte Fachleute, die ihre Karriere in der mittleren und gehobenen Managementebene gemacht haben. Bei einer anderen Gruppe von älteren Menschen liegt der Fokus nicht unbedingt auf dem sinnstiftendenden, sondern auf dem finanziellen Aspekt, weil die Rente schlicht nicht reicht. Das Thema Sicherheit steht bei manchen Gruppen stärker im Vordergrund als bei anderen. Wie die Gen Z sind auch die Älteren keine homogene Gruppe.
Ein in der Diskussion genannter Ansatz zielt darauf ab, Mitarbeitende über das Rentenalter hinaus im Unternehmen zu halten und dafür spezielle Arbeitsmodelle zu entwickeln, zum Beispiel als Mini-Jobber. Beim „Bleib bei uns“-Konzept ist Kommunikation entscheidend. In Gesprächen auf Augenhöhe muss eruiert werden, was der jeweilige Mitarbeitende für Bedürfnisse hat.
Mentoring und Reverse Mentoring – auch als Cross Mentoring, also firmen- und/oder branchenübergreifend – wurde als fruchtbare Herangehensweise diskutiert, damit vom gegenseitigen Wissen profitiert werden kann.
Einigkeit bestand darin, dass die Ansprache, das Wording, besser auf Ältere zugeschnitten werden müsste, da momentan vielfach Bemühungen um Arbeitskräfte auf die jüngere Generation fokussieren. Insgesamt gehen Unternehmen beim Recruiting neue Wege und gestalten ihre Bewerbungsverfahren bewusst niedrigschwellig. Anstelle eines Lebenslaufs werden potenzielle Bewerber*innen, die sich lediglich mit Namen, Kontakt und Interesse an einer Stelle zu einem lockeren Gespräch bei einer Tasse Kaffee eingeladen werden – ein Kaffee-Date. Denn – so das Credo – entscheidend ist nicht das Geburtsdatum, sondern die Fähigkeiten, die Menschen mitbringen. Und ob jüngere Mitarbeitende tatsächlich immer länger in einem Unternehmen gehalten werden können als die Generation 50+, ist zumindest fraglich.
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