Unternehmen sind mittlerweile bereit, viel Arbeitszeit außerhalb des Büros zu verlagern. Aber: Wie viel soziale Begegnung brauchen wir? Wie findet Identifikation, das Erleben von Unternehmenskultur, gemeinsamer Teamspirit und Kreativität statt? „Dafür braucht es neue Blickwinkel und Maßnahmen, wie neue Formen der Zusammenarbeit, neue Räume und neue Organisation“, sind sich die zwei Coachinnen sicher, die Unternehmen dabei unterstützen, die Arbeitsumgebung an das „New Normal“ anzupassen. Dabei ist die Frage, wofür man eigentlich wieder zurück ins Office kommt, wenn doch alles am heimischen Schreibtisch bearbeitet werden kann, für die beiden Expertinnen ein ganz entscheidender Aspekt. „Wo liegt der persönliche Mehrwert, wieder ins Büro zu kommen?“ lautet daher folgerichtig ihre Frage an die DKAB-Community. Der Chat spiegelt innerhalb von wenigen Sekunden, dass es vielfach die sozialen Begegnungen sind, die vermisst werden: der spontane Austausch und der Talk in der Kaffeeküche ebenso wie der Kontakt zu Kolleg*innen aus anderen Arbeitsbereichen.
Ähnlich, wie die spontane Resonanz aus der DKAB-Community, lesen sich die Ergebnisse aus Studien, mit denen sich die Referentinnen im ersten Teil ihres Vortrages auseinandersetzen. Sie wurden in der zweiten Jahreshälfte 2020 u.a. von der Bertelsmann Stiftung erhoben. 50 % aller Befragten kritisieren demnach, dass soziale Kontakte zu Kolleg*innen des eigenen Teams schlechter aufrechterhalten werden können. Darüber hinaus fällt 41% bereits der Kontakt zu anderen Teams schwer. „Es wird weniger informell und kreativ miteinander gearbeitet. Und es gibt eine emotionale Entkopplung durch mangelnde soziale Kontakte“, erklärt Miriam Ertel, geschäftsführende Gesellschafterin der SHS CONSULT GmbH. „Dabei ist der Bedarf nach Kommunikation – gerade in Momenten der allgemeinen Verunsicherung – noch größer und auch notwendiger“, fügt Alexandra Heinzelmann hinzu. Denn nur 56% der Beschäftigten schauen optimistisch auf die Zukunft ihres eigenen Unternehmens. Zudem haben lediglich 50% der Beschäftigten aktuell das Gefühl, dass sein/ihr Unternehmen insgesamt eine klare Position hat, wie in Zukunft zusammengearbeitet werden soll. „Es bedarf neuer Konzepte“, unterstreicht die Beraterin für New Work und gesunde Arbeitswelten auch angesichts einer 40% höheren Nachfrage nach Psychotherapie während der Pandemie. Auf der anderen Seite belegen aktuelle Studien auch, dass 75 % der Mitarbeitenden ohne vorherige Homeoffice Erfahrung zufrieden mit dieser neuen Form der Arbeit sind. 14 % geben sogar an, dass sich ihre Motivationslage verbessert habe. „Das ist durchaus positiv zu bewerten und zeigt, dass eine Medaille eben immer auch zwei Seiten hat“, betont Miriam Ertel. Dass 60 bis 80 % das Homeoffice als Verbesserung erleben, u.a. hinsichtlich der Work-Life-Balance oder Produktivität, sieht die Change-Moderatorin jedoch differenziert. „Hier gibt es eine Spreizung. Diejenigen, die durch Familienaufgaben zusätzlich belastet sind, erleben dies anders.“ Ihr Fazit: Die positive Bewertung des „New Normal“ ist oft oberflächlich. „So sind beispielsweise auch die strukturellen Benachteiligungen von weiblichen Erwerbstätigen und der jüngeren Generationen immens“, so das Expertinnen-Duo. Es empfiehlt, dass für die Aufrechterhaltung der Unternehmenskultur jetzt die Weichen gestellt werden sollten. Denn allein jeder Vierte der Jüngeren sieht die persönlichen Perspektiven kritischer, erlebt weniger Handlungsspielraum und vermisst eine gelebte Unternehmenskultur. Die Folge: Bereits im Preboarding springen Neustarter bereits wieder ab. „Für Unternehmen heißt das, bereits vorher aktiv zu werden und beispielsweise mit Fortbildungen Perspektiven zu entwickeln, um die noch fragile Bindung zu festigen“, unterstreicht Alexandra Heinzelmann. Auch gemeinsame Events dienen – von der gemeinsamen Fahrradtour bis hin zur Weihnachtsfeier – dazu Bindungen zu schaffen und zu stärken. Darüber hinaus sollte ein neues Führungsverständnis greifen, aber auch das Selbstverständnis der Mitarbeitenden in Richtung mehr Vertrauen und Selbstverantwortung gefördert werden. „Diejenigen, die schon vor der Pandemie ohne viele Leitplanken gearbeitet haben, gelingt dies besser. Alle anderen benötigen ein Mehr an Leitplanken, um sich sicherer zu fühlen“, lautet eine der Empfehlungen von Miriam Ertel. Dazu gehöre auch eine klare Position zum Homeoffice.
Konzentrierten sich die Ausführungen im ersten Teil des Vortrags auf die Einordung der Studienergebnisse, befassen sich die beiden Expertinnen im zweiten Teil intensiver mit den Auswirkungen hybriden Arbeitens auf unterschiedliche Faktoren. Aus ihrer Sicht müssen sechs Faktoren, wie Identifikation und Zugehörigkeit, Führung und Zusammenarbeit, Leistung und Produktivität, Selbstmanagement und Selbstmarketing, Wohlbefinden und Gesundheit sowie Motivation und Organisation neu bewertet werden. So trage zum Beispiel das Verständnis über die Strategie und die Ziele – also das „WHY“ des Unternehmens –, eine offene Kommunikation und Beteiligung sowie die gleiche und faire Behandlung aller Mitarbeitenden dazu bei, sich mit einem Unternehmen zu identifizieren und Zugehörigkeit zu empfinden. „Vieles kann zwar virtuell ‚vermittelt‘ werden, ein Gefühl dazu entwickelt sich aber nur über das gemeinsame ‚Erleben‘, den persönlichen Austausch, die Möglichkeit sich einzubringen und das ‚Feiern‘ persönlicher Meilensteine“, machen Miriam Ertel und Alexandra Heinzelmann deutlich. Ein wichtiger Gesichtspunkt ist dabei, die eher introvertierten Persönlichkeit nicht aus dem Blick zu verlieren, die im Stillen arbeiten und den Kontakt auch zu ihnen nicht abreißen zu lassen.
Auch in Zukunft bietet sich das Homeoffice für konzentrierte Einzelarbeit an. Das Mehr an Ruhe führt zu mehr Leistung und Produktivität. Gleichzeitig sorgt die Vielzahl von Kommunikationskanälen – von Slack über Chats bis zu Mails – für eine Überforderung. „Früher reichte ein Zuruf über den Schreibtisch oder der kurze Gang von Tür zu Tür. Die ‚neuen‘ Kommunikationskanäle zum Informationsaustausch sollten gezielt selektiv zum Einsatz kommen“, empfiehlt Miriam Ertel mit Blick auf durchs Homeoffice höhere Verdichtung und Taktung.
Mit der Frage „Was demotiviert Menschen bei der Arbeit bzw. macht sie vielleicht sogar krank?“ zielt Alexandra Heinzelmann schließlich auf das Themenfeld Selbstmanagement und Selbstmarketing ab. Zusammenfassend stellt sie fest, dass je weniger Struktur und Prozesse von außen im selbstorganisierten Arbeiten Halt geben, die eigene Selbstsorge in den Fokus rückt. „Im größeren Rahmen sind der Teamgeist bzw. die Unternehmenskultur gefragt, um effiziente Zusammenarbeit und eine hohe Zufriedenheit der Mitarbeitenden zu ermöglichen“, macht die Beraterin für New Work und gesunde Arbeitswelten deutlich. Setze aber auch voraus, dass es nach dem Pareto-Prinzip abzuwägen gilt, welche „Aufträge“ nur dringend und welche wirklich wichtig sind. „Dafür braucht es eine gute Fehlerkultur“, weiß Alexandra Heinzelmann und verweist auf ein Zitat des Basketball-Stars Michael Jordan. Der stellte schlicht und einfach fest: „Mein Erfolg beruht darauf, immer wieder Fehler zu machen.“
Für das Wohlbefinden und die Gesundheit der Arbeitnehmenden ist jedoch nicht nur der Ausbau der eigenen Stärken und eine gute Fehlerkultur im Unternehmen maßgeblich. Auch die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben fair zu organisieren, trägt dazu bei. Schließlich zahlt eine hohe Mitarbeitendenzufriedenheit auch auf die Arbeitgeberattraktivität ein und bringt große Vorteile in der Gewinnung von Fach- und Führungskräften. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist – so die Referentinnen – die Arbeitsumgebung. „Zunächst prägen wir unseren Raum und dann prägt er uns!“, zitiert Miriam Ertel Winston Churchill und plädiert dafür, sinnvolle Arbeitswelten zu gestalten.
Warum dem Arbeitsort gerade jetzt eine hohe Bedeutung zukommt, thematisieren Miriam Ertel und Alexandra Heinzelmann schließlich im dritten und damit abschließenden Teil ihrer Präsentation. „Der emotionalen Entkoppelung durch mangelnde soziale Kontakte kann durch Räume der Begegnung entgegengewirkt werden“, lautet ihre Kernthese. „Diese Räume bewusst zu schaffen, örtlich wie zeitlich, ist ein wichtiger Beitrag für die Unternehmenskultur und das Wohlbefinden“, so die Referentinnen, die anhand von konkreten Beispielen deutlich machen, dass es für jede Tätigkeit den perfekten Ort gibt. „Dadurch lässt sich einfacher festmachen, wofür jeder ins Büro kommt und welche Voraussetzungen der Raum für die jeweilige Tätigkeit mitbringen muss“, so Miriam Ertel mit Blick auf sechs definierte Arbeitsmodi. Denn je nach Arbeitsmodus – ob konzentrierte Einzelarbeit, Teamarbeit oder Meeting – bieten sich unterschiedliche Lösungen an. „Analysieren sie die Arbeitsmodi Ihrer Teams und ziehen sie doch gedanklich mal aus und virtuell neu ein“, lautet die abschließende Aufforderung der Arbeitsplatz-Expertinnen für New Workspace Projekte. Auch, um Regelungen für die Arbeitswelt zwischen Home & Office zu finden.
Beim 19. virtuellen DKAB-Partnertreffen am 3. November 9 Uhr spricht Frau Prof. Dr. Swetlana Franken vom Fachbereich Wirtschaft der Fachhochschule Bielefeld über das aktuelle Thema des Personalmangements: Wie gewinne und halte ich die Generationen Y und Z?
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